„Bald stand hinter jeder Schulterwehr ein leichtes oder schweres Maschinengewehr. Ich stellte mich hinter eine dieser Kugelspritzen und schoß, bis der Zeigefinger von Rauch geschwärzt war. Wenn das Kühlwasser verdunstet war, wurden die Kästen herumgereicht und unter wenig feinen Scherzen durch ein sehr einfaches Verfahren wieder gefüllt.“ (Quelle 1: Ernst Jünger: In Stahlgewittern)
Bereits im Herbst 1914 kam der deutsche Vormarsch im Westen zum Stehen. Das Scheitern des Schlieffen-Planes, das in der Erstarrung der Fronten zum Ausdruck kam, führte zu einer veränderten Kriegsführung: In immer neuen Offensiven, die sich zu gigantischen Materialschlachten auswuchsen, wurde vor allem mittels massierten Artilleriebeschusses versucht, die auf beiden Seiten durch Drahthindernisse und Stolperfallen stark befestigten, komplexen Grabensysteme zu überwinden.
Diese Art der Kriegführung musste auch Auswirkungen auf die Ausrüstung der Soldaten haben. In den Schützengräben trafen moderne Nahkampfwaffen auf archaisch wirkende Spaten, Dolche und Nagelkeulen, die von den Soldaten selbst hergestellt aber auch als „Grabenkeulen“ industriell gefertigt wurden. Neben der Artillerie richteten Maschinenwaffen jedoch die schlimmsten Verletzungen an. Bei den deutschen Truppen waren sie gar der Hauptverursacher von Tod und Verwundung. Damit vollzog sich im Ersten Weltkrieg endgültig der Durchbruch zum Zeitalter des Maschinenkrieges, der durch die Mobilisierung aller industriellen Ressourcen zum „totalen Krieg“ tendierte. Leistungs- und Innovationsfähigkeit der heimischen Industrie wurden immer mehr zu einem kriegsrelevanten Faktor (Quelle 2).
Mit einer Kadenz von etwa 500 Schuss in der Minute bedeutete der Einsatz von Maschinengewehren eine immense Leistungssteigerung der Feuerkraft, welche die militärische Bedeutung der Kavallerie obsolet werden ließ (Quelle 3). In den Flandernschlachten waren die Infanteristen 1914 dem Maschinengewehr noch fast hilflos ausgeliefert. Später führten alle Armeen im Laufe der Grabenkämpfe Stahlhelme zum Schutz gegen Splitter und Geschosse ein und statteten vorgeschobene Posten mit stählernen Brustpanzern aus.
Bayerischer Feld-MG-Zug 18
Daneben fand eine weitere Maschinenwaffe im Rahmen einer in den letzten Kriegsjahren veränderten Taktik bei den deutschen Truppen Verbreitung. Seit 1917 wurden Sturmkompanien und -bataillone gebildet, die im Stoßtruppverfahren, gedeckt durch einen kurzen Artilleriebeschuss, Schützengräben und Drahtverhaue zügig überwinden sollten. Durch den Verzicht auf dauerhaften Beschuss wollte man dabei eine Vorwarnung und damit das Nachführen gegnerischer Reserven vermeiden. Die Eliteformationen wurden unter anderem mit der Bergmann-Maschinenpistole MP18 ausgerüstet, die ihre Schlagkraft im Grabenkampf verstärken sollte, denn die 5,2 Kilogramm schwere Waffe war mit einem 32-Schuß-Magazin ausgestattet. Bis November 1918 wurden 30.000 Stück produziert, wovon die Hälfte an die Front gelangte. Diese erste echte Maschinenpistole kam im Rahmen des Stoßtruppverfahrens auch bei der deutschen Frühjahrsoffensive 1918 zum Einsatz, ihr mythischer Ruf als „Grabenfeger“ war ein Grund für das im Versailler Vertrag enthaltene Verbot der Produktion von Maschinenwaffen durch das Deutsche Reich (Quelle 6).
Uwe Fraunholz, Dresden 2015
Literatur- Peter Berz: 08/15. Ein Standard des 20. Jahrhunderts, München 2001.
- Michael Epkenhans: Kriegswaffen – Strategie, Einsatz, Wirkung, in: Rolf Spilker, Bernd Ulrich (Hg.): Der Tod als Maschinist. Der industrialisierte Krieg 1914–1918, Bramsche 1998, S. 69-83.
- Laurent Mirouze: Infanteristen des Ersten Weltkriegs, Düsseldorf 1990.