Universität Stuttgart Abteilung Wirkungsgeschichte der Technik, Seite 4

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Die Überraschung des Gegners wurde durch die heimliche Vorbereitung erreicht, aber auch durch eine grobe Fehleinschätzung der französischen Heeresleitung, die weder den Frontoffizieren und den eigenen Nachrichtendiensten glaubte, noch dem ausführlichen Bericht eines deutschen Überläufers. Insgesamt wurde Chlorgas sechsmal in den Kämpfen um Ypern eingesetzt, zuletzt am 24. Mai 1915.9

Anschließend wurde der Gaseinsatz an die Ostfront verlegt. Die Infanterie sollte dort bei örtlichen Angriffen unterstützt werden und dabei die Integration der Gastruppen in die Infanterie geübt werden. Außerdem sollte der neue Kampfstoff Phosgen durch Beimischung zum Chlor erprobt werden. Vorteilhaft für den Erfolg war auch, dass die russischen Truppen völlig ungeschützt gegen das Chlorgas waren und von der Phosgen Beimischung nichts wussten.10

Zwischen dem 22. April 1915 und dem 6. August 1915 wurden von deutscher Seite 1.200 Tonnen Gas abgeblasen, über Zwei- Drittel davon im Osten. Nach den Verlusten auf deutscher Seite durch eigenes Gas bei plötzlichen Windrichtungsänderungen lagen für die Gaskrieg- Befürworter die Prioritäten auf dem Gasschutz und auf dem Anti- Gas Training für die deutschen Soldaten.

Schutzmaßnahmen

Bei dem ersten Chlorgaseinsatz am 22.April 1915 hatten die deutschen Infanteristen zum Angriff nach der Gaswolke lediglich Mullkissen als Atemschutz, die mit Natriumthiosulfat und Sodalösung getränkt waren. Gasmasken wurden erst im Herbst 1915 an die Front geliefert, mit einem Einschichten- Schraubfilter, Modell 21/8 (sog. Linienmaske). Die Filterschicht bestand aus Diatomit, getränkt mit 40 prozentiger Pottaschelösung und überpudert mit aktiver Kohle.

Ein Jahr später wurde ein Dreischichten- Einsatz, Modell 11/11, eingeführt, bei dem zur Pottasche noch Urotropin und Piperazin, sowie eine Schicht aktive Kohle hinzugefügt wurde, um gegen Phosgen und andere Giftgase zu schützen.11



9 Vgl. Haber, Ludwig F.: The poisonous cloud: chemical warfare in the First World War. Oxford. 1986. S. 36.
10 Vgl. Hahn, Otto: Mein Leben. München. 1986. 6. Auflage. S. 120. Hahn beschreibt die Situation nach dem Gasangriff bei Bolimow, als sie die sterbenden russischen Soldaten vorfinden, ohne ihnen helfen zu können: Er war tief beschämt, hatte er doch diese Tragödie mit ausgelöst.
11 Vgl. Martinetz, Dieter: Vom Giftpfeil zum Chemiewaffenverbot. Zur Geschichte der chemischen Kampfmittel. 33 Tabellen. Thun. Frankfurt am Main. 1995. S. 62- 64.

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Martin Gutmann


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