Universität Stuttgart Abteilung Wirkungsgeschichte der Technik, Seite 3

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Erster Chlorgaseinsatz in Ypern am 22. April 1915

Im Februar 1915 begannen die Gastruppen in Ypern mit dem Einbau der Gasflaschen. Haber war an der Front und überwachte persönlich alle Aktivitäten. Wegen der sich ändernden Windrichtungen wurden die Gasflaschen schließlich in den nördlichen und nord-östlichen Frontabschnitten eingebaut. Durch die Nähe zur Frontlinie, die oft weniger als 50 Meter entfernt war, konnte nur nachts gearbeitet werden. Am 11. April war der Einbau beendet. Vom 14. April an gab es mehrmals Befehle zur Bereitschaft für die Gastruppen, die aber wegen geänderter Windverhältnissen immer wieder zurückgezogen wurden.

Am 22. April, nach 17.00 Uhr war die Windrichtung passend. Ungefähr 6000 Flaschen wurden gleichzeitig geöffnet, nachdem ein kurzer Artilleriebeschuss vorausgegangen war. 150 Tonnen Chlorgas wurden auf einer Länge von 7 km innerhalb von 10 Minuten freigesetzt. Nach Augenzeugenberichten kam eine gewaltige grau-grüne Wolke auf die französischen und algerischen Soldaten zu und hüllte sie ein. Die Männer konnten durch das Gas nicht mehr atmen und viele starben unter großen Schmerzen. Die noch laufen konnten, flüchteten in Panik und ließen eine große Lücke in der Frontlinie entstehen. Die deutschen Infanteristen konnten dadurch bis zum nächsten Tag um drei Kilometer vorrücken.6


Abb.1. Die Zeichnung von John de G. Bryan zeigt die Flucht der französischen Soldaten nach dem
ersten deutschen Gasangriff bei Ypern am 22. April 1915 (aus "The Illustrated London News")7
Ein englischer Zeitzeuge schildert die Situation:
"It is a hateful and terrible sensation to be choked and suffocated and unable to get breath:
a casualty from gunfire may be dying from his wounds, but they don't' give him the sensation
that his life is being strangled out of him".8
6 Vgl. Westwell, Ian: Der Erste Weltkrieg. Fränkisch- Crumbach. 2012. S. 70.
7 Büscher, Hermann: Giftgas! und wir?. Die Welt der Giftgase. Wesen und Wirkung. Hilfe und Heilung. Leipzig. 1937². S. 19.
8 Szöllösi-Janze, Dr. Margit: Fritz Haber. 1868-1934. Eine Biographie.1998. München. S. 319.

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Martin Gutmann


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