Der Soldat an der Westfront – Der Einsatz von Giftgas
Quelle 3: Tagebuch von Otto Borggräfe
„Die Franzosen haben es in letzter Zeit wieder mehr auf den Mont abgesehen. Zu irgendeiner beliebigen Tageszeit bestreuen sie die ganze Gegend mit Schrappenells und die von uns besetzten Dörfer werden mit Granaten beschossen, die mit Schwefel und sonstigen Chemikalien gefüllt sind und giftige Gase verbreiten.
So auch gestern und vorgestern abend. Vorgestern abend waren mein Kamerad Alfred Borstelmann und ich nach Varneville gegangen und hatten uns gewaschen. Nachher gingen wir noch in die Kirche und besuchten die Gräber der in unserer Batterie gefallenen drei Mann. Gerade als wir auf dem Kirchhof waren, schlug in das Haus, das der Kirche gegenüber auf der anderen Seite der Straße steht, eine Granate ein und crepierte. Die Wirkung war eine furchtbare. Eine grosse Giebelwand fiel zum Teil ein. Sämtliche Innenwände wurden umgerissen. Das halbe Dach stürzte nach unten. Steine und Pfannen wurden überall umhergeschleudert und flogen bis oben auf die Kirche hinauf. Alfred Borstelmann und ich flüchteten schnell, schon als wir das Geschoss kommen hörten, hinter die Kirche und kamen so gut weg.
Als wir nachher hingingen und uns das Haus ansahen, waren alle Wände, das ganze Dach innen und aussen über und über mit Schwefel bedeckt. Gleich nach der Detonation der Granate war das ganze Dorf mit einem widerlich scharfen Dampf angefüllt. Es roch stark nach Schwefel, man merkte aber, dass wohl noch andere Gase zugemischt waren. Passiert ist durch diesen Schuss nichts.
Gestern abend war es ganz ähnlich. Wir waren wieder zu zweien am Brunnen in Varneville, als plötzlich eine schwere Schwefelgranate über uns hin flog und im 2. Hause hinter dem Brunnen einschlug. Um uns vor den umherfliegenden Sprengstücken und Steinen zu schützen, liefen wir um die nächste Straßenecke und kamen so wieder mal gut weg.“