Emigration und Exil von Wissenschaftlern und Ingenieuren 1930-1950


Schweden



Inhaltsverzeichnis

1. Übersicht zum Thema
2. Emigrationsphasen
Frühe Migration (-1933)
Emigration zwischen 1933 und 1937
Emigration ab 1938
3. Remigration und fortgesetzte Emigration
4. Benutzte Literatur


1. Übersicht zum Thema



Als eines der neutralen Länder spielt Schweden eine wichtige Rolle in der Flüchtlingsgeschichte Europas vor und während dem zweiten Weltkrieg. Man kann Schweden als eine Verbindungsstelle nach Westen und nach Osten betrachten, welche diesen Status während des zweiten Weltkrieges aufgrund des Kriegsverlaufes verliert, jedoch als eins der wenigen nicht eingenommenen Länder bis zum Kriegende hin Zuflucht gewährt. Hierbei sind keine Disziplin spezifischen Emigrantengruppen auffällig, welche nach oder durch Schweden reisten. Insgesamt emigrierten 1933-45 etwa 5.000 Personen nach Schweden (Lorenz 1998/2008: 371), darunter ca. 350 im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933-45 aufgeführte Wissenschaftler, Künstler oder Politiker.



2. Emigrationsphasen



Jahr                                         Emigrationen                Als erstes Emigrationsland                Als zweites Emigrationsland                Als drittes Emigrationsland               
1933 29 22 6 1
1934 24 13 7 4
1935 19 6 9 4
1936 11 5 3 3
1937 14 5 8 1
1938 87 42 30 15
1939 59 36 6 17
1940 42 4 14 24
1941 5 0 2 3
Einzelfälle ab 1942 (bis 1945)   35 3 22 10
Ohne Jahreszahlen 15 5 6 4
Gesamt 340 141 113 86

Tabelle mit den im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933-1945 aufgeführten Emigrationen nach Schweden aus Wissenschaft, Kunst und Politik.



Frühe Migration (-1933)



Vor 1933 lässt sich nichts von einer Migrationswelle erfahren. In Kunst und Wissenschaft gab es einen regen Austausch zwischen Kollegen auf Treffen, Kongressen oder über Briefe, jedoch keinerlei An- oder Abwerben von Wissenschaftlern und Künstlern. Auch war das Wissen über die skandinavischen Länder vergleichsweise schlecht. Außerdem gab es nur wenig Arbeitsmöglichkeiten aufgrund des dünn besiedelten Landes.



Emigration zwischen 1933 und 1937



Die bis 1939 anhaltende Visumfreiheit in Schweden machte das Land ein durchaus attraktives Durchreiseland, besonders um nach Großbritannien oder die USA zu emigrieren. Für längere Aufenthalte benötigte man Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigungen, welche eingeschränkt an deutsche, später auch österreichische, oder aus anderen Ländern stammenden Emigranten vergeben wurden. Häufig wurden hier jüdische Flüchtlinge benachteiligt. Obgleich unmittelbar nach der Machtübernahme Hitlers die ersten Flüchtlinge nach Schweden kamen, blieben die diplomatischen Beziehungen der beiden Länder weiterhin gut. Viele Schweden ließen sich zunächst blenden von der aufstrebenden deutschen Propagandamaschinerie. Vielen deutschen Emigranten wurde daher mit Misstrauen und Skepsis entgegnet, besonders wenn diese jüdischer Abstammung waren. Dennoch nahm Schweden mehr Emigranten auf, besonders in den Kriegsjahren, als das Ausländergesetz vorsah. Grund hierfür war das praktische Vorgehen der schwedischen Behörden (vgl. Hanna Sjöberg: Das Fluchtland Schweden im 2. Weltkrieg). Die Versorgung der Flüchtlinge sowie Kosten übernahmen häufig Einzelpersonen, Hilfsorganisationen oder länderspezifische Flüchtlingsbüros. Ziel war es, den schwedischen Staat zu entlasten; dennoch beschloss dieser im Mai 1939, 500.000 schwedische Kronen für Flüchtlingshilfe bereit zu stellen. Der schwedische Staat sah seine Hauptaufgabe darin, zusammen mit der jeweiligen Gesandtschaft, den Emigranten möglichst schnell Arbeit zu finden, so dass diese sich frühestmöglich selbst versorgen konnten.



Emigration ab 1938



Durch die Annektierung Österreichs galt nun auch eine Visumspflicht für Österreicher, um nach Schweden einreisen zu dürfen. Durch den immer größer werdenden Ansturm und die immer noch positiven politischen Beziehungen zwischen Schweden und dem deutschen Reich forderte die schwedische Regierung, ähnlich wie die → Schweiz, eine eindeutig erkennbare Markierung jüdischer Flüchtlinge, sodass man diese direkt an der Grenze abweisen konnte. So wurde ab dem 5. Oktober 1938 jüdische Reisepässe mit einem „J“ dem sogenannten „J-Stempel“ oder „Juden-Stempel“ markiert. Als Deutschland 1940 in Dänemark und Norwegen einmarschierte entstand eine neue Flüchtlingswelle welche in das neutrale Schweden einreisen wollte. Nicht nur deutsche, welche in Dänemark oder Norwegen Zuflucht gefunden hatten, sondern auch Norweger, Dänen und Sowjets flüchteten nun nach Schweden. So änderte sich auch die Flüchtlingspolitik. Wollte ein männlicher Flüchtling eine Arbeitsgenehmigung, so musste er 5 Monate als Holzfäller in dafür eingerichteten Arbeits-lagern arbeiten. Besonders Juden und Kommunisten waren hierbei häufiger betroffen. Mit dem Einmarsch in Skandinavien änderte sich schlagartig der Blickwinkel auf das Deutsche Reich: „Einen guten Deutschen gab es in der skandinavischen Wahrnehmung 1945 kaum noch.“ (vgl. Raimund Wolfert: Die Geschichte der deutsch-skandinavischen Beziehungen)



3. Remigration und fortgesetzte Emigration



Für viele der frühen Emigranten war Schweden ein gutes Transitland für die Weiterreise in westliche Länder wie USA, Lateinamerika oder Großbritannien (häufig bei Wissenschaftlern), oder Richtung Osten in die Sowjetunion oder Palästina (häufig bei Vertretern von Politik, Religion, Medizin und öffentlichem Recht), da Schweden nichts hatte, um größere Mengen deutsche Flüchtlinge zu locken. Dies änderte sich, als 1940 als viele Emigranten über Dänemark nach Schweden flohen und damit ein Flüchtlingsansturm in Schweden entstand. Gleichzeitig wurde Schweden größtenteils von den westlichen Ländern abgeschnitten, wodurch eine Weiterreise in diese Länder sich deutlich erschwerte. Viele Emigranten saßen dadurch in diesem Land, das nur bedingt Arbeitsplätze bot und das von Kriegsgebiet oder deutsch besetzten Ländern umgeben war. Ein Teil dieser Emigranten nutzte nach Kriegende die Chance, um in die westlichen Länder, vor allem aber die USA, zu immigrieren. Der Großteil jedoch remigrierte noch in den späten 1940er oder in den frühen 1950er Jahren zurück nach Deutschland oder Österreich.



Jahre                                         Zahl der Remigranten                Verhältnis Remigranten zur gesamten Emigration               
1946 - 1949 63 18,5%
1950 - 1955 13 4%
1956+ 6 2%
Ohne Jahreszahl 7 2%
Gesamt 89 26,5%

Tabelle mit den im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933-1945 aufgeführten Remigranten aus Wissenschaft, Kunst und Politik welche während ihrer Emigration in Schweden waren (doppelte Remigrationen sind möglich).


[FS]


4. Benutzte Literatur



Glöckner, Olaf; Müssener, Helmus (Hrsg.): Deutschsprachige jüdische Migration nach Schweden 1774 bis 1945, Berlin: De Gruyter 2017.

Einhart Lorenz: Schweden, in: Claus-Dieter Krohn (Hg.), Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933–1945, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1. Aufl. 1998, 3. Aufl. 2008: 371–375.

Helmut Müssener: Exil in Schweden. Politische und kulturelle Emigration nach 1933, München: Hanser, 1974

Patkovszky, Patricia: Deutschsprachige Flüchtlinge in schwedischen Internierungslagern während des Zweiten Weltkrieges, Berlin: Humbolt-Universität 2006.

Röder, Werner: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933-1945, München: Sauer 1999, I Politik Wirtschaft, Öffentliches Leben.

Strauss, Herbert A.: Introduction, in: International Biographical Dictionary of Central-European Emigrants 1933-1950, München: K. G. Saur 1983 (Reprint 1999), S. XI-XXVI.

Wolfert, Raimund: Die Geschichte der deutsch - skandinavischen Beziehungen, online zu finden: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/izr/2009/8_9/Geschichte_dt.pdf?__blob=publicationFile&v=2



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https://blodveger.info/blodveger-ns-zwangsarbeit-in-nord-norwegen/schweden-als-fluchtland/ "https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/geschichte-und-erinnerung/39796/mythen-der-neutralitaet https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschsprachige_Emigration_nach_Schweden_1933%E2%80%931945