Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) oder kurz auch Sowjetunion genannt ging aus den sozialen Kämpfen von 1917 und dem daraus resultierenden russischen Bürgerkrieg hervor, als die Rote Armee, der Militärarm der revolutionären Bolschewiki-Partei unter der Führung von Wladimir Iljitsch Lenin (1870–1924) die konterrevolutionären Kräfte des alten Zarenreiches, sowie zahlreiche andere Gruppierungen erfolgreich verdrängte und somit im Jahre 1922 die Kontrolle über den Großteil des ehemaligen Russisches Reiches erlangte. Seit diesem Zeitpunkt war die noch junge Sowjetunion ein beliebter Anlaufpunkt für viele der damals zahlreichen internationalen Kommunisten, welche den Aufbau eines neuartigen sozialistischen Staates erhofften. Anhand der Lehren von Marx und Engels, welche jedoch in ihren Schriften eine sozialistische Wirtschafts- und Sozialordnung nur grob skizzierten, blieb es an Lenin, diese Ideen in der Praxis umzusetzen und diese auch in der Theorie zu erweitern. So entstanden unter seiner Leitung die komplexen inneren Strukturen der Kommunistischen Partei der Sowjetunion KPdSU unter der Leitung des Zentralkomitees, welches die sogenannte Diktatur des Proletariats umsetzen sollte. Die Feinheiten dieser politischen Praxis entwickelten sich zum sogenannten Marxismus-Leninismus, dem politischen Fundament aller nachfolgenden sowjetischen Staaten ((wirtschaftslexikon.gabler).
Mit dem Tode Lenins im Jahr 1924 und dem Aufstieg Stalins zum Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU und de facto Diktator der gesamten UdSSR erweiterten sich die ohnehin schon erheblichen Repressalien gegen vermeintliche Staatsfeinde enorm. Unter Stalin wurden von 1930 bis 1953 mehr als 12 Millionen Menschen in Zwangsarbeitskolonien, auch Gulags genannt, deportiert. Zu den Betroffenen dieser stalinistischen Säuberungen zählten enteignete wohlhabende Landbesitzer, die sogenannten Kulaken, Oppositionelle, Anhänger anderer kommunistischer Strömungen und viele weitere, von denen schätzungsweise 3 Millionen der Insassen nicht überlebten (bundesstiftung-aufarbeitung).
Die Weltwirtschaftskrise und die mit ihr einhergehende Massenarbeitslosigkeit brachte gegen Ende der 1920er Jahre tausende Deutsche Arbeiter samt ihrer Familien dazu, in die Sowjetunion zu migrieren, wo für diese oftmals gut ausgebildeten Fachkräfte ein hoher Bedarf bestand. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland kam es zu einem starken Anstieg der Emigration in die UdSSR. Schon früh verstand sich die Sowjetunion als Bollwerk des Antifaschismus und gewährte allen Antifaschisten Asyl (Jarmatz, S. 17). Das Asylrecht wurde durch die Sowjetische Verfassung von 1936 in Artikel 129 festgelegt: "Die UdSSR gewährt Bürgern auswärtiger Staaten, die wegen Verfechtung der Interessen der Werktätigen oder wegen wissenschaftlicher Betätigung oder wegen nationalen Befreiungskampfes verfolgt werden, das Asylrecht". Mehr als 100.000 Emigranten flüchteten ab 1933 aus Deutschland, wovon etwa 3.000 in die Sowjetunion kamen. Da die Sowjetunion in Anbetracht ihrer politischen und ökonomischen Verhältnisse der Zeit in keinem Szenario die erste Wahl für Emigranten gewesen war, ist es nicht verwunderlich, dass jene, die tatsächlich in die UdSSR emigrierten, diese Entscheidung in den meisten Fällen aufgrund ihrer kommunistischen politischen Überzeugung fällten. Genau Zahlen der Tausenden dort lebenden Deutschen sind kaum zu finden. Jedoch schätzte die deutsche Botschaft in Moskau die in der gesamten UdSSR lebenden Deutschen im Jahr 1938 auf bis zu 6.000. Von diesen fielen zwischen 1936 und 1939 etwa 1.700 den Stalinistischen Säuberungen zu Opfer. Im Rahmen des Hitler-Stalin Paktes wurden aus ungeklärten Gründen einige dieser deutschen Emigranten zurück nach Nazideutschland deportiert, von denen viele dann in Konzentrationslagern ums Leben kamen. Von allen fast 8000 emigrierten Wissenschaftlern, welche wir hier in der Unterseite Personen auflisten, sind nur etwa 150 in die Sowjetunion geflohen, und dies bis auf 28 Personen nur als vorrübergehende Zwischenstation. Von diesen kehrten 52 nach dem zweiten Weltkrieg wieder nach Deutschland zurück, wobei anzumerken ist, dass sich ein Großteil von ihnen aufgrund ihrer politischen Einstellung für Ostdeutschland entschieden haben. Der Aufenthalt in der Sowjetunion unterschied sich wesentlich von anderen Exilländern, wie der Deutsche Kommunist und KPD-Funktionär Heinz Willmann (1906-1991) es beschrieb. Nach seinen Äußerungen sei der Aufenthalt auf ideologischer Ebene von größter Bedeutung gewesen, da er allen Asylantenerlaubte, viel über Deutschland und dessen potentielle Zukunft zu lernen, insbesondere den realen Aufbau eines sozialistischen Staates (Jarmatz et al., S. 19). Daher ist es nicht verwunderlich, dass von diesen 150 die absolute Mehrheit (etwa 80) aus dem Bereich der Politik stammten. Im Vergleich zu anderen Ländern hingegen war die Sowjetunion aufgrund der niedrigen Zahlen als Emigrationsland für Wissenschaftler eher unbedeutend, wenn man die sogenannte „Aktion Ossawakim“ im Jahre 1946 außer Acht lässt, mit der nach Kriegsende Wissenschaftler und Techniker aus der von der Sowjetunion besetzten Besatzungszone zu Arbeiten an Rüstungsforschungsprojekten in der Sowjetunion zwangsverpflichtet wurden.
Die fortschrittliche Raketentechnologien Nazideutschlands stießen bei sämtlichen Alliierten Parteien auf großes Interesse. Waffensysteme, wie die Langstreckenrakete V2 sollten insbesondere in Kombination mit den neuartigen Atomwaffen die militärische Überlegenheit sichern. In den frühen Morgenstunden des 22. Oktobers 1946 verschleppte die sowjetische Militärpolizei bis zu 2.500 Fachkräfte und etwa 4.000 Familienangehörige samt Mobiliar in die Sowjetunion. Diese trugen in den kommenden Jahren stark für den Erfolg der Sowjets in der Raumfahrt und der militärischen Raketentechnologie bei (Magnus 2002). Die Verschleppung selbst erfolgte fast überall gleich: Am Abend des 21. Oktober luden die sowjetischen Werksleitungen in Bleicherode, Sömmerda und Berlin die wichtigsten Ingenieure und Techniker zu einem Festessen ein, in dessen Verlauf abends immer mehr hochprozentiger Alkohol konsumiert wurde. In den frühen Morgenstunden wurden die betrunkenen Ingenieure dann von Soldaten geweckt und unter ihrer Aufsicht samt Familien und Besitz in Züge verladen (Uhl, 132) Obwohl die betroffenen Personen nicht im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration aufgeführt sind, ist dies die größte Migrationswelle von Wissenschaftlern und Ingenieuren in Richtung Sowjetunion und daher im Rahmen der hier allerdings eher erzwungenen Migration von Wissenschaftlern und Technikern in Richtung Sowjetunion durchaus nennenswert (Albrecht et al. 1992, Mick 2000, Magnus 2002).
Ulrich Albrecht, Andreas Heinemann-Grüder, Arend Wellmann: Die Spezialisten - Deutsche Naturwissenschaftler und Techniker in der Sowjetunion nach 1945, Berlin: Dietz 1992.
Jarmatz, Klaus; Barck, Simone; Dietzel, Peter: Exil in der UdSSR. Frankfurt: Röderberg, 1979.
Magnus, Kurt: Raketensklaven – Deutsche Forscher hinter rotem Stacheldraht. Elbe-Dnjepr-Verlag, 2002.
Mick, Christoph: Forschen für Stalin. Deutsche Fachleute in der sowjetischen Rüstungsindustrie 1945–1958, München & Wien: Oldenburg, 2000
Uhl, Matthias: Stalins V-2: Der Technologietransfer der deutschen Fernlenkwaffentechnik in die UdSSR und der Aufbau der sowjetischen Raketenindustrie 1945 bis 1959. In: Wehrtechnik und wissenschaftliche Waffenkunde, Band 14.
https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/marxismus-leninismus-37627
https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/dossiers/deutsche-emigranten-im-sowjetischen-exil
https://exilarchiv.dnb.de/DEA/Web/DE/Navigation/LaenderDesExils/Sowjetunion/sowjetunion.html