abgeleitet von lat. ex-silium (für Verbannung bzw. Vertreibung) umfasst der Ausdruck Exil den Zustand des Aufenthalts außerhalb seines eigenen Heimatlandes.
Exil ist die Folge einer zwanghaften, „gewaltsamen Ausgrenzung und Vertreibung [einzelner oder oft auch] ganzer Bevölkerungsteile {„von einem bestimmten Ort durch einen institutionellen Akt der Gewalt“ (Kuhlmann 2014)} aus ideologischen, rassistischen und politischen Gründen“ (Krohn 2012: 1).
Dabei geht es jedoch nicht nur um geographische, sondern ebenso die emotionale und mentale Entwurzelung des Individuums (im Gegensatz zu Diaspora als Gruppen-Erfahrung), der von Betroffenen als temporärer Zustand begriffen wird mit dem Streben, möglichst bald zurückzukehren (Remigration). Exil ist begleitet von Entwurzelung, Verlorenheit, Desorientierung, oft auch großer finanzieller Not und Verzweiflung, die Exilanten nicht selten auch in den Selbstmord trieben (Briegel & Frühwald 1988). „Exil ist Angst – Heimat ist Sicherheit“ – so formulierte es Jean Amery; Albert Ehrenstein sprach von der „Erbärmlichkeit des Exils“ (Nachweise in Mittelmann 2018).
Im alten Testament kommt das hebräische Wort für Exil, Galuth, erst im Kontext der Besiedlung des Landes Israel im Anschluss an den Auszug aus Ägypten vor – Exil ist dort zunächst die von Gott angedrohte Strafe für die Nicht-Befolgung göttlicher Gebote.
Dementsprechend schuldbehaftet ist die Exil-Situation in diesem biblischen Kontext, gleichzeitig verbunden mit der Hoffnung, dermaleinst vom Leben in der Fremde erlöst und zurück nach Eretz Israel zu kommen.
Insofern steht Exil in seinem ursprünglichen Verständnis nur für eine historische Phase, nicht für einen Dauerzustand.
Später wurde die Diaspora allerdings auch positiv als ein Lebensmodell, als eine Entwicklungschance bzw. als Gegengewicht zum erstarkenden Nationalismus gesehen.
Bernard Lazare und Hannah Arendt prägten die Umdeutung des jüdischen Exilanten als einem bewussten Außenseiter, einem „conscious pariah“ (Arendt 1943).
Lit.: Hannah Arendt: We Refugees (1943), in dt. Übers. in H. Arendt: Wir Flüchtlinge, Stuttgart 2016, online verfügbar unter https://amroali.com/2017/04/refugees-essay-hannah-arendt/ sowie unter https://archive.org/download/hannah_arendt_we_refugees/hannah_arendt_we_refugees_text.pdf ;
Markus Bauer: Exil und Galut. Zum jüdischen Selbstverständnis seit 1933, Exilforschung. Ein Internationales Jahrbuch 18 (2000): 37-50; Manfred Briegel & Wolfgang Frühwald (Hrsg.) Die Erfahrung der Fremde. Kolloquium des Schwerpunktprogramms Exilforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Weinheim: VCH 1988; Claus-Dieter Krohn: Emigrationsforschung, in: Docupedia-Zeitgeschichte, http://docupedia.de/zg/krohn_exilforschung_v1_de_2012 (online seit 20.12.2012, Zugriff am 21.1.2022) sowie Jenny Kuhlmann: Exil, Diaspora, Transmigration | APuZ (bpb.de) (26.11.2021); Hanni Mittelmann: Deutschsprachige jüdische Exillliteratur, in: Handbuch der deutsch-jüdischen Literatur, hrsg. v. Hans Otto Horch, Berlin: De Gruyter 2016: 189-200.