Sieger, Besiegte und Beerdigungszeremonien


Aufgabe 1:

Behandelt Immelmann in der öffentlich publizierten Schrift den besiegten Engländer mit Respekt und Würde oder geht es um den deutschen Erfolg? Warum wurden solche Geschichten im Ersten Weltkrieg öffentlich gemacht?

„Ich stellte mich vor und sagte ihm, dass er mein achtes Opfer sei. Da fragte er: „You are Immelmann (EImelmänn)) Sie sind bei uns wohl bekannt. Auch ihr heutiger Sieg ist eine schöner sportlicher Erfolg für Sie.“ Ich übergab dann den Verwundeten einem Arzt, die Maschine mit Inhalt dem Führer einer in der Nähe liegenden Fliegerabteilung und stieg von neuem auf.“

Quelle: Immelmann, Max: Meine Kampfflüge. Selbsterlebt und selbsterzählt Berlin 1916, S. 99.


Aufgabe 2:

Welche Bedeutung hatten öffentliche Beerdigungszeremonien im Ersten Weltkrieg und welche Rolle spielten dabei die Medien?

“Um verstehen zu können, warum diese Beerdigungszeremonien zu derartigen Veranstaltungen werden konnten, wird es nötig sein einige grundsätzlichen Bemerkungen über den Luftkrieg während des Ersten Weltkrieges zu machen, im Besonderen über die Rolle die die Medien bei der Konstruktion des Mythos um die „Ritter der Lüfte“ gespielt haben. Bereits vor dem Krieg wurden Piloten als moderne Helden und Eroberer der Natur von den Medien gefeiert, und dies stellte eine Überhöhung dar auf die die Medien während des Krieges aufbauen konnten. Im Verlauf des Krieges erwuchs den Printmedien, als ein Resultat der Zensur, spürbar mehr Macht in der Interpretation aktueller Ereignisse als zuvor. Vom Beginn des Krieges an trugen die Medien zur Verteidigungsbereitschaft der Bevölkerung durch ihre Propaganda Aktivitäten und formten das Bild der Bevölkerung vom Feind, in den in den Krieg verwickelten Nationen. Sie taten jedoch mehr als das. Wie bereits erwähnt berichteten die Medien nicht nur über den Krieg sondern präsentierten ihn als eine spezifische Realität. Das bedeutete sie prägten ein Bild des Krieges, das nicht notwendigerweise mit dem was tatsächlich passierte übereinstimmen musste. Bei der Konstruktion des Bildes vom Krieg mussten sie berücksichtigen, wie sich die Bevölkerung den Krieg vorstellte, oder um es mit Reinhard Koselleck zu sagen, welchen „Erwartungshorizont“ die Bevölkerung hatte. Der Zeitungsleser war allerdings nicht darüber informiert, dass seine oder ihre Erwartung wenig mit der Realität des Krieges gemein hatte. Berichte über den Krieg zielten für gewöhnlich auf den „Erwartungshorizont“ seiner Leser ab. Es sollte erwähnt werden, dass, für gewöhnlich, Propaganda in der Zeit in keiner Weise ein einseitiger Prozess gewesen ist, wie John Horne und Alan Kramer beispielsweise an ihrer Untersuchung zu den Berichten über die Deutschen Kriegsverbrechen in Belgien und Nordfrankreich und dem Mythos um die „franc-tireurs“ gezeigt haben. Tatsächlich lernten Zeitungsleser im Laufe der Zeit zwischen den Zeilen zu lesen und sie beeinflussten auf diese Weise die Propaganda.”

Quelle: Schnürer, Florian: ''But in death he has found victory': the funeral ceremonies for the 'knights of the sky' during the Great War as transnational media events', European Review of History: Revue europeenne d'histoire, 15 (2008) 6, S. 645.


Aufgabe 3:

Wie wurde Immelmann in der Öffentlichkeit dargestellt und welche Funktion hatte der Mythos des „Adler von Lille“?

“Immelmann wurde als ein guter Sportler und Akrobat gesehen. Er manövrierte sehr klug in der dreidimensionalen Sphäre des Himmels, so dass es ihm möglich war, den Piloten, den Beobachter und am wichtigsten den Benzintank ins Visier zu bekommen. Er wurde schnell zum Leutnant befördert und erhielt den Spitznamen „Adler von Lille“ weil er in der Nähe dieser Stadt stationiert war. In den deutschen Zeitungen wurde er als ruhiger und bescheidener Mann beschrieben. Aber selbst der Feind zeigte ihm gegenüber Respekt, wie die New York Times in dem Artikel „British Aviators Laud Immelmann“ annahm. Und die Washington Post erklärte im Mai 1916: „Immelmann ist ein tapferer Gegner aber seine Methoden sind weniger heldenhaft als vielmehr wissenschaftlich. Er sucht nicht das Abenteuer um seiner selbst willen, oder sucht das Risiko, wenn er es vermeiden kann, sondern er jagt mit dem ausgesprochenen Ziel feindliche Flugzeuge abzuschießen.“ Solche Berichte trugen mit Sicherheit zu seinem Ruf bei. Am 18. Juni 1916 starb er bei einem Absturz während eines Kampfeinsatzes. Die London Times schrieben: „Ein berühmter Luftfahrer und respekteinflößender Gegner, besonders des British Flying Service, verschwindet von der Westfront mit dem Tot von Leutnant Immelmann.“ Selbst die New York Times und der Boston Daily Globe bezeichneten ihn als ritterlichen Feind der immer die Wehrlosen verschont habe. In deutschen Zeitungen war er der Flieger, der die „offensichtliche Überlegenheit der französischen und englischen Flugzeuge“ ernsthaft herausgefordert hatte. Die Berichterstattung über seinen Tot wurde entsprechend präsentiert. Es wurde berichtet, dass sein Flugzeug zerbrach und er auf die Erde stürzte. Die militärische Gedenkfeier fand in Douai statt und der Kronprinz von Sachsen war anwesend. Nach dieser kurzen Trauerfeier wurde er in seine Heimatstadt Dresden überführt wo eine weitere Trauerfeier abgehalten wurde. Diese Zeremonie kann nur als ungewöhnlich für einen Leutnant beschrieben werden; sie kann als ein Vorläufer von Zeremonien angesehen werden, die im weiteren Verlauf des Krieges abgehalten wurden. Zusätzlich zu einem erheblichen Teil der Dresdner Bevölkerung waren Repräsentanten des Kaisers und des Königs von Sachsen (im Rang eines Generals) bei der Beerdigung in der Kapelle anwesend. Der sächsische Kriegsminister und der sächsische Kulturminister waren ebenfalls anwesend. Während der Rede des Pastors flog Zeppelins Luftschiff über die Feier und am Grab hielt der Oberbürgermeister von Dresden eine Rede. Im Gegensatz zum religiösen Ton der Zeremonie, bedeutete die Beschreibung der wichtigen Teilnehmer in der Berichterstattung, dass die Symbolpolitik überwog.”




Erstellt von Henrik Feldmann und Richard Paul Unger.


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