3.1. Abschusstaktik

Wie muss man sich den durchschnittlichen Luftkampf auf Basis der folgenden Schilderungen vorstellen?
Kontrastieren Sie dies mit der gängigen Vorstellung von Luftkämpfen als ritterlich geführtem Duell, langes Manövrieren und Jagen bis der bessere gewinnt, spannende Verfolgungskämpfe.

„Dieser war weder sportlich noch ritterlich, aber es war der schnellste Weg zu Ruhm und Orden. Die beliebteste Taktik bestand darin, sich an ein feindliches Flugzeug heranzuschleichen, ohne gesehen zu werden, oder während dessen Pilot ein anderes Flugzeug verfolgte, und dann das Feuer zu eröffnen.“ Das britische Flieger-Ass Jimmy McCudden gab dieses Erfolgsrezept ganz unumwunden zu: „Einen Deutschen kriegt man am besten, bevor er dich sieht. Ich finde es natürlich nicht richtig, einen Deutschen abzuschießen, bevor er mich sieht. Es ist gegen das bißchen sportliche empfinden gerichtet, das ich besitze, aber es ist eine Theorie des Kampfes, und es scheint gut zu funktionieren.“ Auch Richthofen räumte dieses „Erfolgsrezept“ ein: „Das Einfachste ist, einen Einsitzer von hinten zu überraschen, was sehr oft glückt. Hat er aufgepaßt. So beginnt er sofort zu kurven. Dann kommt es darauf an, die engeren Kurven zu machen und über dem Gegner zu bleiben.“ Seriöse Schätzungen gehen davon aus, daß während der Luftkämpfe im Ersten Weltkrieg mindestens die Hälfte aller abgeschlossenen Piloten das angreifende Flugzeug niemals gesehen hat. „Gute Taktik bedeutet eben, mit einem minimalen Risiko ein maximales Ergebnis zu erzielen“, lautet ein nüchternes Erfolgsrezept.“

Quelle: Joachim Castan, Der Rote Baron –Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen. Klett-Cotta, Stuttgart, 2. Auflage 2007.

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                          3. Psychische Dimension
Erstellt von Achim Messer.


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