Dozent: Dr. Thomas Schuetz
Händler, Missionare und technische Experten traten schon früh im Zuge ihrer jeweiligen Tätigkeiten mit anderen Völkern und Kulturen in Kontakt und hielten diese Fremdheitserfahrungen mitunter in Schrift und Bild fest. Im Rahmen des Projektseminars setzen sich nun Studierende auf der Basis entsprechenden, bisher weitgehend unbearbeiteten Quellenmaterials mit der Thematik der Eigen- und Fremdwahrnehmung auseinander. Historisch relevant ist eine solche Auseinandersetzung schon angesichts der seit einiger Zeit intensiv geführten Postkolonialismus-Debatte.
Das Projektseminar wurde im Sommersemester 2023 von der Abteilung Wirkungsgeschichte der Technik unter der Leitung von Dr. Thomas Schuetz angeboten und stand Studierenden des GNT-Studiengangs, allgemeine Geschichte Studierenden sowie interessierten Gasthörern zur Teilnahme offen. Es nahmen insgesamt neun Studierende und ein Gasthörer am Projektseminar teil.
Die Veranstaltung beinhaltete ein Seminar mit gekoppelter paläographischer Übung, wobei sowohl das Seminar als auch die Übung gesondert voneinander besucht werden konnten. Dank der freundlichen Unterstützung des Wirtschaftsarchivs Baden-Württemberg und des historischen Archivs der Porsche-AG war es möglich, die jeweiligen Archive im Rahmen von Exkursionen zu besichtigen. Der Einblick in diese Archive, die damit verbundene Heranführung an die Quellenrecherche und Quellenarbeit sowie die Vorstellung von Archivtätigkeiten verliehen dem Projektseminar eine zusätzliche berufsorientierende Komponente.
Konzeption der Lehrveranstaltung
Im ersten Teil des Seminars näherten sich die Studierenden anhand von kritischer Textarbeit und Textdiskussion der Thematik der Eigen- und Fremdwahrnehmung in einem technikhistorischen Kontext zunächst auf theoretischer Ebene an. Gegenstand der Textarbeit war unter anderem die Betrachtung verschiedener technikhistorischer Phänomene, es wurden aber auch technikphilosophische Inhalte behandelt.
Das dadurch angeeignete Wissen diente im zweiten Block als Basis für die in einzelnen Referaten zu erarbeitenden Fallbeispiele. Im Zentrum dieser Referate stand die kritische Auseinandersetzung mit Quellen, wobei sich die Zusammenstellung der Quellen keineswegs auf die im Vorfeld getroffene Auswahl beschränkte. Vielmehr war es den Teilnehmenden freigestellt und auch durchaus erwünscht, eigene Themenvorschläge einzubringen, was an der ein oder anderen Stelle auch tatsächlich geschah.
Die Referate sollten auch dazu dienen, sich mit den Quellenbeständen, auf deren Basis später die Prüfungsleistung in Form einer schriftlichen Ausarbeitung zu erbringen war, im Vorfeld zu beschäftigen. So konnten gleich auch Fragestellungen und Bearbeitungsansätze exploriert und im Plenum gemeinsam diskutiert werden. Dabei zeichnete sich ab, bei welchen Ansätzen es sich lohnte, sie weiter zu verfolgen, mit welchen weiteren Gesichtspunkten diese noch verknüpft werden konnten und an welchen Stellen es noch weiterer Arbeit bedurfte.
Die paläographische Übung hingegen bot die Möglichkeit, praktische Fähigkeiten im Umgang mit Quellen zu erlernen und zu trainieren. Anhand von zahleichen Beispielen wurden zunächst verschiedene Quellengattungen betrachtet und analysiert. Dabei kamen sowohl schriftliche wie auch bildliche Quellen zur Sprache, ebenso wurden auch gegenständliche Quellen betrachtet. Die Studierenden übten sich auch im Lesen von mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Schriftbildern, wobei das Hauptaugenmerk auf der Transkription von Kurrentschrift lag, da einige Quellenbestände für die Referate im Seminarteil der Veranstaltung diesen Schrifttyp aufwiesen. Darüber hinaus befassten sich die Teilnehmenden mit Quellenfälschungen und auch das Thema Urheberrechte wurde angesprochen.
Exkursionen
Die Exkursionen ins Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg in Hohenheim und ins historische Archiv der Porsche-AG in Stuttgart-Zuffenhausen gewährten einen tieferen Einblick in die Archivrecherche und -arbeit. Die Archivmitarbeiter/innen informierten über Geschichte und Aufbau des jeweiligen Archivs und stellten Recherchemöglichkeiten vor. Auch über die Akquise von Archivgut wurde gesprochen, sowie Erhaltungs- und Digitalisierungsprozesse näher erklärt. Ein Teil der Archivmagazine konnte ebenfalls besichtigt werden, so wurden den Teilnehmenden besonders seltene oder bemerkenswerte Stücke präsentiert. Anschließend gab es die Gelegenheit, eigene Fragen zu stellen. Die Studierenden interessierten sich in puncto Akquise besonders dafür, nach welchen Kriterien die zu archivierenden Materialen ausgewählt wurden, und fragten auch nach dem Vorgehen bei konkreten Recherchevorhaben. Ebenso kamen Fragen zu Lager- und Speichermöglichkeiten von Ton- und Bildträgern zur Sprache.