Emigration und Exil von Wissenschaftlern und Ingenieuren 1930-1950


Philosophie



Inhaltsverzeichnis

1. Zahlen
2. Emigrierte Philosophen
2.1 Frankfurter Schule
2.2 Österreich und der Wiener Kreis
3. Philosophie und Philosophen nach der Emigration
3.1 Philosophie und Philosophen im „Dritten Reich"
4. Benutzte Literatur



Bis in die 20er Jahre entstanden im deutschsprachigen Raum bedeutende Entwicklungen der Philosophie. Der Neukantianismus, die Phänomenologie, der Personalismus, die Lebensphilosophie, die Existenzphilosophie, der Marxismus, der Neuthomismus, sowie der logische Empirismus waren philosophische Strömungen, die im deutschsprachigen Raum entstanden oder geprägt wurden.
Doch mit der Machtergreifung Hitlers 1933 änderte sich dies, da ein erheblicher Teil der Philosophen aus rassistischen oder politischen Gründen ins Ausland emigrieren musste. Im folgenden Artikel werden die Zahlenverhältnisse aufgeschlüsselt, verschiedene Emigrationserfahrungen präsentiert und das Auswirken der Emigrationswelle von Philosophen auf die Philosophie analysiert. Das Ziel wird es sein, einen umfangreichen Überblick über die verschiedenen Wege der Emigration und Schicksale zu vermitteln. Allgemein sind Erfolgsgeschichten von Emigrationen am präsentesten, weshalb traurige Schicksale und Schwierigkeiten in der Emigration nicht unerwähnt bleiben werden für eine breit gefächerte Darstellung.
Die Gemeinschaften der Frankfurter Schule und des Wiener Kreises vertraten unterschiedliche philosophische Strömungen; sie prägten beide die Philosophie nachhaltig und galten zu den wichtigsten Schulen damals. So wird der Fokus auf diesen beiden Gruppen liegen, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und ihren Entwicklungen. Da gerade zu jener Zeit die Philosophie oft interdisziplinär war, waren die meisten Personen Quereinsteiger und kamen über die →Sozialwissenschaften, Pädagogik, →Mathematik oder →Physik in die Philosophie. So auch in den beiden Schulen in Frankfurt und Wien, weshalb eine klare Trennung nicht möglich ist und es Überschneidungen mit den anderen Disziplinen gibt. Dies liegt unter anderem an der Natur der Philosophie selbst. Philosophie besitzt kein Objekt der Wissenschaft, wie zum Beispiel ein Chemiker sich mit allen chemischen Prozessen befasst, da Philosophie den Zugang zu den Objekten der Wissenschaft beschreibt. Aus diesem Grund sind die wenigstens reine Philosophen oder Philosophinnen und fachübergreifende Zusammenarbeiten waren bzw. sind üblich. Jedoch ist deshalb eine genaue Definition der Gruppe nicht möglich und es gibt keine exakte Abgrenzung zu den anderen Disziplinen.



1. Zahlen



Mit den beschriebenen Schwierigkeiten im Gedächtnis gibt es verschiedene Statistiken über die Gesamtzahl der Philosophen im deutschsprachigen Raum und die Zahl der Emigranten von ihnen. Thomas Laugstien versucht diese aufzuschlüsseln und zu vergleichen (siehe: Laugstien (1990): Philosophieverhältnisse im deutschen Faschismus, S. 82-84). Er berichtet insgesamt von 175 Hochschullehrern und -lehrerinnen, die an den 23 Universitäten im Jahr 1933 und 1934 in Deutschland das Fach Philosophie lehrten. Insgesamt seien 93 Personen emigriert, die zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt als Philosophen galten, wobei 75 aufgrund der Rassengesetze das Land verließen.
Laugstien fertigte auf der Basis verschiedener Handbücher und Forschungen eine Liste an, die besagt, dass bis 1941 60 philosophische Dozenten und Mitarbeiter von Universitäten entlassen, entpflichtet oder in den Ruhestand versetzt wurden. Von der Gesamtzahl aus dem Jahr 1933 entspricht dies mehr als ein Drittel der Fachschaft.
Von den insgesamt 62 Ordinarien im Jahr 1933 wurden 27 des Amtes enthoben, was ungefähr 40 % entspricht. Diese Zahlen beziehen sich jedoch nur auf die Personen mit einer philosophischen Lehrtätigkeit an einer Universität in Deutschland und nicht alle von ihnen emigrierten. Das Biographische Handbuch von Röder und Strauss aus dem Jahr 1983 besagt, dass in Deutschland zwischen den Jahren 1933 und 1945 28 Hochschullehrer und -lehrerinnen, sowie 37 Nicht-Fachvertreter emigrierten. Aus Österreich und der Tschechoslowakei seien 5 Nicht-Fachvertreter und 9 Hochschullehre und -lehrerinnen emigriert. So ergibt sich aus dem Biographischen Handbuch eine Gesamtzahl von 79 Emigranten der Philosophie aus dem deutschsprachigen Raum.
Andere Forschungen erhielten eine größere Personengruppe, so auch die Datenbank, welche diesem Projekt zugrunde liegt. Es zeigt sich, dass eine exakte Definition nicht möglich ist durch Unvollständigkeit oder die anfangs erklärten Schwierigkeiten, aber in der Regel Forschungen nicht weit auseinander liegen.
In der Tabelle von Lichman sind 94 Philosophen und Philosophinnen enthalten, die zwischen 1933 und 1945 aus dem deutschsprachigen Raum emigrierten. Jedoch waren 16 von ihnen zum Ausreisezeitpunkt unter 18 oder gerade 18 Jahre alt, somit waren sie bei der Emigration keine aktiven Philosophen oder Philosophinnen, sondern wurden dies erst später. Lichman kommt so auf eine Zahl von 78 emigrierten Personen in der Disziplin Philosophie. Ihre Tabelle deckt sich also zum einen mit der Zahl aus dem Biographischen Handbuch (wo nur eine Person mehr aufgelistet ist), und zum anderen mit der Gesamtzahl von Emigranten von Laugstien, was 93 Philosophen waren.
Während der Recherche konnte die Tabelle Lichmans erweitert werden, mit den Philosophen Gustav Bergmann, Kurt Grelling, Olga Hahn-Neurath, Alexander Herzberg, Leo Löwenthal, Rose Rand, Edith Stein und Edgar Zilsel.
Es ergibt sich eine Zahl von 102 emigrierten Personen der Philosophie insgesamt, und 86 praktizierenden Philosophen und Philosophinnen. In den weiteren Statistiken wird von den 86 Personen ausgegangen, da diese die Philosophie im deutschsprachigen Raum beeinflussten und potenziell in der Emigration philosophierten, also ihre philosophische Strömung aus dem deutschsprachigen Raum mitnahmen. Womit nicht gesagt ist, dass die Emigrationserfahrung die spätere Philosophie der bis 18-Jährigen nicht beeinflusste.
Unter den Emigranten in der Philosophie befanden sich 81 Männer und 5 Frauen. Aus den Erfahrungsberichten der wenigen Frauen mit einer philosophischen Karriere kann herausgelesen werden, dass besonders bei der Frage der Habilitation Frauen aus sexistischen Gründen benachteiligt wurden.
Die Altersverteilung zeigt, dass die meisten der Emigranten zwischen 45 und 60 Jahren waren und danach in der Altersgruppe von 25 bis 35 Jahre. Die geringe Zahl von 9 Personen über 60 ist auf die Lebenserwartung zurückzuführen, die zu dieser Zeit knapp 60 Jahre war (1932/43 waren es 60 Jahre für Männer, laut Analyse der Sterbetafeln; Statistisches Bundesamt (2022): Sterbefälle und Lebenserwartung, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/sterbetafel.html). Des Weiteren konnten einige schon im Ruhestand sein, weshalb sie zum einen nicht mehr in der Datenbank erscheinen und zum anderen gerade von politischer Verfolgung weniger betroffen waren. Einige fühlten sich wahrscheinlich gesundheitlich nicht mehr in der Lage dazu, das Land zu verlassen.
Die geringe Zahl der 18 bis 25-Jährigen könnte in einigen Fällen auf das Studium zurück geführt werden. Neben der stark vertretenen nationalistischen Ideologie unter Studenten, war es vielen vermutlich wichtig ihr Studium zu absolvieren.
Auffallend ist die Altersgruppe der 35 bis 45-Jährigen mit nur 15 Personen. Aus der Lebenslage heraus, müssten in dieser Gruppe ungefähr so viele Personen von Verfolgung betroffen gewesen sein, wie in der Gruppe vor ihnen und nach ihnen. Die anderen beiden Gruppen (25 bis 35-Jährige und 45 bis 60-Jährige) weisen ähnliche Zahlen an Emigranten auf und es gibt keine offensichtlichen Gründe, weshalb es in der Gruppe zwischen ihnen weniger Emigranten gegeben haben sollte. Ein Erklärungsansatz für die kleine Gruppe von 15 Personen wäre, dass es eine Folge des Ersten Weltkrieges ist und diese Gruppe insgesamt kleiner war, weshalb das Verhältnis von Menschen die blieben und Emigranten ähnlich zu den anderen ist, aber aufgrund der geringeren Gesamtgröße nur 15 Personen in der Philosophie aufweist.
Mit 35 bis 45 Jahren zwischen 1933 und 1939 (nach 1939 emigrierte kein Philosoph mehr aus dieser Gruppe) bedeutet, dass sie in den Jahren 1914 bis 1918 zwischen 16 und 30 Jahre alt waren und in den meisten Fällen somit unter die Wehrpflicht fielen. Aus dem Statistischen Monatsheft Baden-Württemberg Band 6 und 7 geht hervor, dass aus dem Deutschen Reich „knapp 160 000 Soldaten im Alter von 20 bis 21 Jahren“ im Krieg starben und die 21- bis 22-jährigen Soldaten fast genauso viele Tote aufwiesen. (Ratering (2018): Europa und der Südwesten vor 100 Jahren, https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/PDF/Beitrag18_07_01.pdf, S. 10)
Es wäre also plausibel, dass die Personengruppe im Alter von 35 bis 45 Jahren als Folge des Krieges insgesamt kleiner war als die anderen Gruppen, weshalb es dementsprechend weniger Emigranten gab.

Die Verteilung der endgültigen Emigrationsländer zeigt, dass die deutliche Mehrheit die USA als Endziel hatte. Viele der Emigranten in den USA konnten in den Staaten beruflich anknüpfen und in der Philosophie bleiben, was einer der Gründe war, in die USA zu emigrieren und dort zu bleiben.

Die Länder Deutschland und Tschechoslowakei als letzte Zielländer sind einzeln und mit Vorsicht zu betrachten. Die angegebenen Personen sind nicht oder nicht direkt als Rückkehrer zu definieren. Alle drei Philosophen, die in die Tschechoslowakei emigrierten, kamen zuvor aus Deutschland. Einer von ihnen, Emil Utitz wurde zwar in Prag geboren, lehrte jedoch in Deutschland, als er 1933 nach Prag emigrierte, um dort an der Universität zu lehren. Er und seine Frau wurden aufgrund ihres jüdischen Hintergrunds 1942 nach Theresienstadt deportiert. Durch seine akademische Karriere leitete er dort im Ghetto die Bibliothek und hielt unter den Häftlingen Vorträge. Das Ehepaar überlebte und Utitz blieb noch vor Ort für die Übergabe der Bibliothek. Im Herbst reisten beide wieder nach Prag, wo er seine Lehrtätigkeit fortsetzen konnte. Trotz Berufung von Halle wollte Utitz nicht mehr zurück nach Deutschland (Mehring 2018: Philosophie im Exil, S. 12, 70, 74). Der zweite Philosoph mit Endziel Tschechoslowakei war Theodor Lessing, der im folgenden Kapitel genauer behandelt wird. Die Tschechoslowakei ist sein letztes Emigrationsland gewesen, da er dort ermordet worden war. Über Walter Ernst Otto Dubislav, den dritten Emigranten in der Tschechoslowakei, ist nicht viel bekannt. Er war Mitbegründer des Berliner Kreises, der im Kapitel 2.2 näher beschrieben wird, und befürchtete politische Verfolgung, was ihn zur Emigration veranlasste. Aus der Datenbank geht hervor, dass er 1936 direkt in die Tschechoslowakei emigrierte, jedoch ein Jahr später mit 42 Jahren dort verstarb. Die Quellenlage zu seiner Person ist sehr gering, weshalb seine Todesursache unklar ist.
Die zwei Philosophen, die Deutschland als letztes Zielland hatten, sind ebenfalls gesondert zu betrachten. Ludwig Landgrebe war für seine Habilitation an der Universität in Prag. Nach der Einnahme der Tschechoslowakei emigrierte er nach Belgien, weil er dort eine Stelle angeboten bekommen hatte. Als Belgien ebenfalls eingenommen wurde, kam Landgrebe für eine Weile in ein Internierungslager, weil seine Frau Jüdin war. Danach mussten sie aus finanziellen Gründen nach Deutschland zu Verwandten reisen. (Vetter (1992): Landgrebe, Ludwig, BBKL, Sp. 1069-1071).
Georg Mende aus Breslau war ein marxistischer Philosoph, laut Datenbank ging er 1933 in die Tschechoslowakei und es ist bekannt, dass er an der Deutschen Universität Prag unter Emil Utitz promovierte, bevor er 1935 zurück nach Deutschland reiste. Die genauen Gründe sind nicht direkt bekannt, weshalb es fraglich ist, ob in seinem Fall von einer Emigration gesprochen werden kann. Jedoch wurde er 1935 der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt und bis 1937 inhaftiert. So könnte sein vorheriger Aufenthalt in Prag aus Angst vor politischer Verfolgung geschehen sein. (Alexander (1982): Mende, Georg. In: Lange; Alexander (Hg.): Philosophenlexikon, S. 650–651)
Es zeigt sich, dass in den Fällen von Deutschland als Zielland nicht direkt von einer Emigration zu sprechen ist, da es keine Flucht vor Verfolgung war, sondern äußere Umstände ausschlaggebend waren.
In den Fällen der Tschechoslowakei hingegen scheint es sich um Emigration zu handeln. Jedoch war die Tschechoslowakei nicht das einzige Land, das eingenommen wurde. So sind auch die einzelnen Fälle von →Frankreich, Belgien und den →Niederlanden zu betrachten, wenn herausgestellt werden soll, ob diese Länder freiwillig das letzte Zielland waren oder andere Umstände dazu führten.
Beispielsweise ist Paul Ludwig Landsberg unter den Emigranten in →Frankreich, die nicht weiter emigrierten, jedoch war dies nicht seine Entscheidung gewesen und er starb im Konzentrationslager; im nächsten Kapitel wird sein Fall genauer beschrieben. Ein weiterer Philosoph von den vier, die in →Frankreich blieben, starb schon 1943 (Anselm Ruest).
Kurt Grelling war ebenso nicht freiwillig als letzte Station in Belgien gewesen, da er von dort aus im September 1942 nach Auschwitz deportiert wurde. Ähnlich sieht es bei den Emigrantinnen und dem Emigranten in den →Niederlanden aus, Edith Stein wurde nach Auschwitz deportiert, die blinde →Mathematikerin und Philosophin Olga Hahn-Neurath verstarb verfrüht in Den Haag nach einer Nierenoperation und der Philosoph Constantin Brunner starb mit 75 Jahren ebenso in Den Haag im Exil. (Stadler (1987): Vertriebene Vernunft II, S. 158 f.; Edmonds (2021): Die Ermordung des Professor Schlick, S. 247)
Es zeigt sich also, dass die Emigrationen in den deutschsprachigen Raum und die besetzten Länder in vielen Fällen die letzte Emigrations-Station war, da eine Weiterreise durch Tod, Gefangenschaft oder fehlende finanzielle Mittel nicht mehr möglich war. Es war somit keine Entscheidung aus freien Stücken in einem Land zu bleiben, in welchem Verfolgung durch den Nationalismus drohte.

An der Verteilung der Anzahl der Zielorte von den Philosophen zeigt sich, dass viele nur ein oder zweimal emigrierten. In der Statistik ist die Personengruppe bis 18 Jahre ausgenommen; ebenfalls können Fehler enthalten sein, da bei manchen Philosophen der Emigrationsweg nicht vollständig dokumentiert wurde. Eine Rückkehr in die Heimat, also ein Ortswechsel nach dem Jahr 1945, wird des Weiteren als Emigration gezählt.
So ergibt sich, dass alle 31 Personen, die nur einen Zielort hatten, dementsprechend nicht mehr zurück in den deutschsprachigen Raum gekehrt sind. Vier weitere Personen sind nur in ein Land emigriert, jedoch kamen sie nach 1945 wieder zurück nach Deutschland. Wenn die Rückkehr ausgeklammert werden soll, muss die Statistik also lauten: 35 Personen hatten einen Zielort und 27 sind zweimal emigriert.
Aus der Gruppe der Personen mit 3 Zielorten kehrten 6 von ihnen zurück nach Deutschland, was die meisten Rückkehrer innerhalb einer Gruppe sind. Balduin Schwarz war der einzige Philosoph, der 6 Mal emigrierte, jedoch emigrierte er 1933 aus Deutschland in die →Schweiz, von dort ein Jahr später nach Österreich und im darauffolgenden Jahr wieder in die →Schweiz. 1938 emigrierte er nach →Frankreich und von dort 1940 in die →USA; 1964 kam er zurück in den deutschsprachigen Raum und lebte sein restliches Leben in Österreich.
Insgesamt kehrten 16 Philosophen nach 1945 zurück, alle von ihnen waren männlich und außer Schwarz →remigrierten alle nach Deutschland. Dies bedeutet, dass 70 Philosophen und Philosophinnen nicht →remigriert sind. Zum einen sind sie in ihrem Emigrationsland geblieben und zum anderen sind 15 von ihnen vor 1945 verstorben und bei drei Personen ist es unbekannt.
Des Weiteren ist in der Datenbank erkennbar, dass die meisten das Land im Jahr 1933 verließen, da 36 Philosophen und Philosophinnen emigrierten; im Jahr 1934 waren es nur noch 11 Personen. Der nächste Anstieg von Emigration erfolgte 1938 wahrscheinlich mit der Übernahme von Österreich, 16 Personen aus der Philosophie emigrierten innerhalb diesem Jahr; im folgenden Jahr ließ es wieder nach und nur 11 Personen emigrierten. Es zeigt sich, dass aktuelle politische Ereignisse die meisten dazu bewegten das Land zu verlassen und die Angst vor Verfolgung eine Welle an Emigranten verursachte.

Die Gruppe der bis 18-Jährigen ist nicht Teil der Statistik, da sie zum Ausreisezeitpunkt zwischen 5 und 18 Jahre alt waren, also noch vor oder in ihrer Ausbildung standen und keine aktiven Philosophen zu diesem Zeitpunkt waren. In dieser Gruppe fällt jedoch auf, dass keiner von ihnen zurück in den deutschsprachigen Raum kehrte. Da sie ihre Studien im Emigrationsland absolvierten, waren wahrscheinlich die beruflichen Möglichkeiten dort besser als in dem Land, in welchem sie zuletzt als Kind oder Jugendlicher waren. Die deutliche Mehrheit emigrierte in die →USA, nur einer nach →Großbritannien und zwei nach Australien. Es ist ungeklärt, welchen Einfluss die Wahl des Emigrationslandes auf den akademischen Werdegang dieser Personengruppe hatte. Waren in den →USA die Möglichkeiten an Universitäten philosophisch tätig zu werden besser als in anderen Ländern, oder emigrierten viele Familien in die Staaten, weshalb der Anteil der Kinder, die später philosophierten höher war? Begründungen für die deutliche Mehrheit an philosophischen Emigranten bis 18 Jahre in den →USA würden auf Spekulationen beruhen, da es keine Forschungen und Vergleiche mit jungen Emigranten in anderen Ländern gibt.



2. Emigrierte Philosophen



Vorab ist zu sagen, dass nicht alle Philosophen und Philosophinnen, die im Visier der Nationalisten standen, auch emigriert sind bzw. emigrieren konnten. Im Laufe des Artikels werden noch einige Schicksale erwähnt, die ein trauriges Ende nahmen. Beispielsweise fielen Edith Stein, Theodor Lessing und Paul Ludwig Landsberg dem nationalsozialistischen Regime zum Opfer.
Edith Stein war Jüdin und die Schülerin sowie Assistentin des Begründers der Phänomenologie Edmund Husserl. Ihr Leben war zum einen geprägt von ihrem Weg zum Christentum und zum anderen vom erschwerten Weg einer philosophischen Karriere. Husserl war zwar sehr zufrieden mit ihrer Arbeit und lobte ihre Abhandlung im Empfehlungsschreiben, jedoch weigerte er sich, eine Frau zu habilitieren. Ihre jüdische Abstammung, ihr Geschlecht und die Absage ihres ehemaligen Lehrers versperrten ihr auch an den Universitäten Kiel, Göttingen und Breslau die Möglichkeit einer Habilitation. Schon vor 1933 wurden Juden in der Berufswahl benachteiligt. Ihre Versuche 1931 in Freiburg und 1932 in Münster blieben ebenfalls erfolglos. Als sie dann 1933 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums ihre Stelle als Dozentin verlor, widmete sie sich vollumfänglich ihrer Religiosität. Sie hatte sich schon 1922 katholisch taufen lassen und trat nun dem Kloster Karmel in Köln bei. Im Orden der unbeschuhten Karmelitinnen wurde sie Theresia Benedicta a Cruse genannt. Jedoch hatte sie mit dem Eintritt ins Kloster der Philosophie nicht endgültig entsagt und sie veröffentlichte ihr Hauptwerk während ihrer Zeit als Ordensfrau.
1938 wurde sie zum Schutz vor dem nationalsozialistischen Regime in eine Karmel in Holland versetzt, aber diese Maßnahme konnte sie leider nicht bewahren. Am 2. August 1942 nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wurde Edith Stein von der SS verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo sie eine Woche später in der Gaskammer verstarb. (Albert (1995): Philosophie im Schatten von Auschwitz, S. 46-69)
Ebenfalls erfolglos versuchte Theodor Lessing bei Husserl, zu habilitieren. Als Jude und Sozialist wurde Lessing eine universitäre Laufbahn verwehrt. Er arbeitete stattdessen unter anderem als Privatdozent, Theaterkritiker und Journalist. In seinen Texten und Zeitungsberichten äußerte er seine politische Meinung und kritisierte öffentlich den Krieg, das Rechtssystem, die Polizei und den späteren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Die Proteste in der Bevölkerung und besonders unter der Studentenschaft gegen Lessing waren vehement. So reisten an einem Tag ca. zweitausend Menschen an, um gegen Lessing und Juden an der Universität Hannover zu protestieren. Lessings Anstellung wurde daraufhin in einen Forschungsauftrag umgewandelt, um den Demonstrationen und angekündigten Boykotten entgegenzuwirken. Wie sehr Lessing im Visier der Nationalsozialisten stand, erkennt man daran, dass Lessing und seine Frau nach der Machtergreifung schon am 2. März 1933 nach Prag emigrierten und in derselben Nacht seine Wohnung in Hannover von einem SA-Trupp verwüstet wurde. In der Tschechoslowakei baute er mit seiner Frau ein Landerziehungsheim in Marienbad auf, jedoch wurde er dort von deutschen Spionen beobachtet und es wurde ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Am 30. August 1933 wurde Lessing in seinem Arbeitszimmer von zwei Nationalsozialisten erschossen, die danach in Deutschland neue Identitäten erhielten. (Albert (1995): Philosophie im Schatten von Auschwitz, S. 32-45)
Paul Ludwig Landsberg studierte ebenso bei Husserl, war jedoch bekannter als Schüler des Phänomenologen und Anthropologen Max Scheler. Landsberg führte besonders dessen Personalismus weiter. Er verließ schon vor dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums 1933 das Land. Landsberg war sich der Konsequenzen der Judenverfolgung bewusst, geschlossen aus der Tatsache, dass er eine Weile lang stets Gift mit sich trug. 1942 entledigte er sich zwar aus einer unbekannten religiösen Eingebung des Giftes, beschäftigte sich jedoch weiterhin mit dem Thema Selbstmord. Er schrieb wahrscheinlich im selben Jahr einen philosophischen Text über Suizid. 1943 wurde er im März nach dem Einmarsch der deutschen Truppen verhaftet und ins Konzentrationslager Oranienburg-Sachsenhausen deportiert. Dort starb er am 2. April vor Hunger und Erschöpfung. (Albert (1995): Philosophie im Schatten von Auschwitz, S. 97-120)
Diese drei sind nicht die einzigen Fälle, aber verdeutlichen exemplarisch die Ausmaße der Verfolgung von Juden und politischen Gegnern. Alle drei emigrierten in verschiedene Nachbarländer und wurden trotzdem entweder direkt ermordet oder in ein Konzentrationslager deportiert. Sie übten während der Emigration keine universitäre Tätigkeit aus und bekamen schon zuvor die Diskriminierung von Juden an Universitäten zu spüren.
Es gab jedoch auch Fälle, in denen Philosophen mehr Glück hatten und einer direkten Emigration entgehen konnten, indem sie vorher berufliche Angebote aus dem Ausland annahmen. So zum Beispiel Karl Popper, der 1936 Lehrangebote aus Cambridge und Neuseeland erhielt. Er entschied sich für das Canterbury University College in Christchurch in Neuseeland und leitete die Stelle in Cambridge an Friedrich Waismann, einen Freund aus dem Wiener Kreis, weiter. Er erreichte Neuseeland 1937 nach 5 Wochen mit dem Schiff und er und seine Frau wurden mit offenen Armen empfangen. Da er sich so früh entschlossen hatte, Österreich zu verlassen aus Angst vor Verfolgung und den beruflichen Angeboten im Ausland, zählte er in Neuseeland nicht zu der folgenden Welle an Emigranten. Sein Umzug ging wie ein normaler Stellenwechsel von Statten und er konnte seine Ersparnisse und so viele Habseligkeiten, so viele wie an Bord erlaubt waren, mitnehmen. Emigranten, die später nach Australien oder Neuseeland reisten, kamen jedoch in →Internierungslager. (Belke, Ingrid: Karl R. Popper im Exil in Neuseeland von 1937 bis 1945. In: Stadler (Hg.) (1987): Vertriebene Vernunft II. S. 140-154)
Der Philosoph und Mitbegründer des Wiener Kreises Herbert Feigl erhielt ebenfalls frühzeitig die Gelegenheit, für eine Stelle an einer Universität das Land zu verlassen und somit der Verfolgung und der Emigrationswelle zu entgehen. Schon 1922 wechselte er von der Universität München an die Universität Wien, da er mit antisemitischen Anfeindungen und Benachteiligungen zu kämpfen hatte. Feigl bewarb sich für ein Stipendium der Rockefeller Foundation in New York, nachdem er zuvor auf Einladung von amerikanischen Philosophen Amerika und die amerikanische Philosophie genauer kennenlernen konnte. Im September 1930 erhielt er die Zusage und reiste in die Staaten. Seine Beweggründe waren zwar primär seine beruflichen Chancen, doch seine Erfahrungen mit Antisemitismus waren prägend und größter Wahrscheinlichkeit nach ein weiterer Grund für ihn, zu gehen. (Bevor er Roger Stuewer im Center for Philsophy and Science anstellte, interviewte er ihn über seine Einstellung. Er wollte herausfinden, ob Stuewer Antisemit ist). (Stuewer (2024): Milestones Along the Way. Autobiographical Reflections of Roger H. Stuewer. In: Physics in Perspective, S. 10 f.)
So sind nicht alle Philosophen emigriert, wie es viele andere mussten, da ihnen berufliche Möglichkeiten offen standen und die antisemitischen Anfeindungen zunahmen. Schon vor der Welle der Emigration gab es einen globalen Austausch und Berufungen von ausländischen Universitäten. Jedoch bewirkte die Emigration von Philosophen und Philosophinnen einen noch nie dagewesenen Austausch, welcher im dritten Kapitel betrachtet wird.
So gibt es Fälle von Personen, die besonders in der Emigration Karriere machen konnten. Trotz beruflichen Erfolges kann jedoch auch in diesen Beispielen nicht von einer positiven Emigrationserfahrung gesprochen werden.
Hannah Arendt erhielt beispielsweise erst in den →USA eine Professur. Jedoch wurde sie kurzzeitig nach dem Reichstagsbrand inhaftiert, was sie tiefgreifend mitgenommen hatte. In ihrem ersten Emigrationsland →Frankreich wurde sie in ein Internierungslager gebracht, aus welchem sie floh und anschließend in die →USA emigrierte. So sind ihre beruflichen Erfolge nach der finalen Emigration nicht unbedingt als Glücksfall zu betrachten. (Morgenroth (2018): Vor allem mögen wir es nicht, wenn man uns Flüchtlinge nennt, S. 2)



2.1 Frankfurter Schule



Einer der bedeutendsten philosophischen Strömungen in Deutschland war die Frankfurter Schule, die aus dem Institut für Sozialforschung hervorging. Das marxistische Institut wurde Juni 1924 an der Universität Frankfurt a. M. gegründet und vom jüdischen Großkaufmann Hermann Weil gesponsert und finanziert. Carl Grünberg wurde zum Direktor des Instituts ernannt, er musste jedoch aufgrund gesundheitlicher Probleme 1929 die Leitung abtreten, die vertretend von Friedrich Pollock übernommen wurde. Er war Grünbergs erster Assistent und Generalbevollmächtigter der Gesellschaft.
Anschließend wurde dem Philosophen und →Soziologen Max Horkheimer 1930 die Leitung übertragen. Er und Theodor W. Adorno, der Philosoph und Musikwissenschaftler, arbeiteten ab den 40er Jahren für das Institut. Sie waren die maßgeblichen Akteure der Frankfurter Schule, während Pollock weiter die Finanzen verwaltete und seinen philosophischen Theorien zum Institut beitrug. Zu den weiteren aktiven Mitgliedern gehörten Felix Weil (der Sohn von Hermann Weil und ebenfalls Förderer des Instituts), Erich Fromm und Leo Löwenthal sowie die beiden Angestellten Henryk Grossmann und Karl August Wittfogel. Herbert Marcuse schloss sich in Genf dem Institut an. Schließlich kamen im amerikanischen Exil die beiden Juristen Otto Kirchheimer und Franz Neumann hinzu. Weitere Philosophen und bedeutende Persönlichkeiten arbeiteten zeitweise mit dem Institut zusammen, wie zum Beispiel Walter Benjamin.
Die Forschungen der Frankfurter Schule fokussierten sich auf die Sozialphilosophie im weitesten Sinne, da sie nicht nur philosophische Theorien verfolgten, sondern auch interdisziplinär arbeiteten, indem sie die →Psychoanalyse und Kultursoziologie hinzuzogen. So waren nicht alle Mitglieder Philosophen oder →Soziologen; Löwenthal war beispielsweise Pädagoge und Literaturwissenschaftler. Das wichtigste Organ der Frankfurter Schule war die Zeitschrift für Sozialforschung, die trotz Exil und Emigration regelmäßig publiziert.
Bekannt wurde die Frankfurter Schule später für ihre Kritische Theorie, die auf gesellschaftstheoretischen Ansätzen von Kant, Marx, Hegel und Freud basiert.
Noch vor der Machtergreifung Hitlers wurden von der politischen Polizei 1926 Felix Weil und Friedrich Pollock als Kommunisten betitelt, weshalb Pollock freiwillig die Institutsleitung an Max Horkheimer übergab. Somit stand das Frankfurter Institut für Sozialforschung schon seit seinen Anfängen unter Beobachtung. Dies war auch den Mitgliedern des Instituts bewusst, weshalb sie schon 1930 beschlossen, eine Zweigstelle in Genf zu errichten und das Vermögen in die →Niederlande zu verschieben. Die rechtsradikalen Tendenzen wurden schon vor der Machtergreifung deutlich. So wurde 1931 der Haupteingang der Universität Frankfurt von SA-Männern belagert, weil die philosophische und soziologische Fakultät als links marxistisch galt. Besonders im Visier war dabei das Institut für Sozialforschung, welches auch als Café Marx bekannt war, noch bevor es unter dem Namen Frankfurter Schule geläufig war. (Wiggershaus (2013): Max Horkheimer, S. 75)
Kurz nachdem Hitler Ende Januar 1933 Reichskanzler wurde, durchsuchten und besetzten Männer der SA das Haus von Max Horkheimer und seiner Frau. Diese waren zuvor gewarnt worden und waren zu diesem Zeitpunkt in ein Hotel beim Frankfurter Bahnhof gezogen. Anschließend zogen sie in die →Schweiz zur Zweigstelle in Genf, Horkheimer reiste noch einige Male nach Frankfurt, unter anderem um seine Vorlesungen zu beenden. Im März 1933 wurde das Institut von der Polizei geschlossen und 30% der Hochschullehrer in Frankfurt verloren ihre Dozenturen aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, unter ihnen auch Grossmann, Horkheimer und Pollock.
Karl Wittfogel war neben seiner Tätigkeit am Institut China-Experte für die KPD, weshalb er kurzweilig inhaftiert wurde. Ein endgültiger Standort wurde Genf für die Frankfurter Schule nicht, da ihnen die unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung verwehrt wurde und sie regelmäßig an der Grenze ihre →Visa verlängern lassen mussten. Diese Haltung besonders jüdischen Emigranten gegenüber, führte zu der Vermutung, dass der Faschismus sich in ganz Europa ausbreiten würde. Aus diesem Grund wurde im Juli 1934 beschlossen, das Institut nach New York zu verlegen. Horkheimer war zuvor schon in die →USA gereist und fand an der Columbia-Universität Fürsprecher. Der Universitätspräsident N. M. Butler stellte ihnen für einige Jahre mietfrei ein Gebäude zur Verfügung.
Das Institut für Sozialforschung darf dabei nicht als geschlossene Gesellschaft betrachtet werden. So waren 1937 zunächst nur Horkheimer, Marcuse, Neumann, Pollock und Löwenthal an der Columbia-Universität angestellt. Wittfogel war zwischenzeitlich auf Forschungsreise in China und erhielt anschließend eine Stelle in der Bibliothek an der Columbia-Universität, weshalb er kein aktives Institutsmitglied mehr war. Fromm erhielt keine Anstellung am neuen Institutsstandort und Adorno sowie Grossmann waren zu diesem Zeitpunkt noch in England. Als Adorno im Februar 1938 nach New York kam, arbeitete er nicht nur für das Institut für Sozialforschung, sondern leitete als Musikwissenschaftler die Musik-Studie für das Princeton Radio Research Project. Seine Arbeit dort endete 1941, als er gemeinsam mit Horkheimer nach Los Angeles zog für ihr Werk Dialektik der Aufklärung. Mit der Hilfe des Instituts versuchten sie in diesem die Entwicklung des Antisemitismus und des Dritten Reichs in Europa bzw. Deutschland zu recherchieren und zu analysieren. (Adorno: Scientific Experiences of a European Scholar in America, In: Fleming (1969)(Hg.): The Intellectual Migration, S. 355-357)
Schon 1940 beschloss Horkheimer für das Projekt, in ein Bungalow in Los Angeles zu ziehen, um sich dort distanziert und in Ruhe der Dialektik der Aufklärung zu widmen. Adorno und Pollock kamen später nach, letzterer war jedoch regelmäßig in New York, um die Angelegenheiten des Instituts zu regeln. Die Folgen von Pollocks Fehlspekulationen an der Börse mit den Institutsgeldern 1937/38 und Horkheimers „großbürgerlichen Lebensstil“ (Walter-Busch (2010): Geschichte der Frankfurter Schule, S. 25) führten noch Jahre später dazu, dass die Mitarbeiter schlecht bezahlt wurden und auf Stiftungsgelder angewiesen waren. Schließlich sahen sich Neumann, Kirchheimer, Marcuse und Löwenthal gezwungen, weitere Lehraufträge und Forschungsstellen zu finden. So kam es, dass sie 1943 im Auftrag der amerikanischen Regierung für das Office of Strategic Services als Experten für deutsche bzw. europäische Angelegenheiten arbeiteten; Neumann war der Sektionschef, Marcuse war der leitender Analyst, Kirchheimer war ein Mitarbeiter, während Löwenthal das Amt des Konsuls erhielt. Erich Fromm war als →Psychoanalytiker nicht betroffen, da die →Psychoanalyse zunehmend bekannter wurde und Fromm verhältnismäßig schnell unabhängig vom Institut für Sozialforschung arbeiten konnte.
Horkheimer, Adorno und Pollock schienen in den →USA keine berufliche und finanzielle Zukunft für das Institut für Sozialforschung zu sehen, weshalb die Idee entstand, zurück nach Deutschland zu gehen. Aufgrund der instabilen und unsicheren Situation in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg hielt Horkheimer 1948 vorerst nur Gastvorlesungen in Deutschland, die von der Rockefeller-Stiftung finanziert wurden. 1950/51 →remigrierten sie offiziell nach Frankfurt am Main, wo sie im Vergleich zu anderen Städten offener aufgenommen wurden. In der Nähe des vorherigen Gebäudes des Instituts für Sozialforschung wurde das neue Institut am 14. November 1951 eröffnet. Jedoch beschränkte es sich von den früheren Institutsmitgliedern nur auf Horkheimer, Adorno und Pollock, da die anderen Mitglieder in den Staaten blieben und anderen Tätigkeiten nachgingen.
Auch wenn Frankfurt mit dem sozialdemokratischen Oberbürgermeister Walter Kolb die Frankfurter Schule willkommen hießen (Lühe (2008): Auch in Deutschland waren wir nicht wirklich zu Hause, S. 122, 132-136), war das Vertrauen fragil. Pollock soll beispielsweise sich die Option offen gehalten haben, stets in die →USA zurückzukehren. Besonders im Angesicht des Kalten Krieges schien ihm der Frieden nicht ausreichend gesichert zu sein. Des Weiteren wurden in den darauf folgenden Schriften über die Kritische Theorie sämtliche marxistischen Züge versucht zu verheimlichen, wahrscheinlich aus Angst vor erneuter politischer Verfolgung. (für gesamtes Kapitel: Walter-Busch (2010): Geschichte der Frankfurter Schule, S. 13-37; Wiggershaus (2013): Max Horkheimer, S. 68-88)





2.2 Österreich und der Wiener Kreis



In Österreich war die politische und philosophische Lage etwas anders. Politisch wandelte sich die Grundstimmung schon vor dem Anschluss ans Deutsche Reich 1938 Richtung Nationalsozialismus. Ausländer, politische Oppositionelle und Juden wurden schon zuvor aus ihren Ämtern verdrängt, diskriminiert und spätestens 1938 mit der Vereidigung der Beamten auf Hitler und dem anschließenden Gesetz der Neuordnung des österreichischen Berufsbeamtentums entlassen bzw. nicht angestellt. (Laugstien (1990): Philosophieverhältnisse, S. 121)
Dies führte dazu, dass an der Universität Wien in der philosophischen Fakultät von 267 Dozenten 97 gehen mussten. 27 Personen von den entlassenen 97 emigrierten aus Österreich und nur 8 kehrten nach 1945 wieder zurück, laut M. Kowalls Dissertation über philosophische Lehrkörper in Wien 1938. Diese Zahlen sind unter Vorbehalt zu betrachten, da zum einen wieder auf die anfangs beschriebenen Schwierigkeiten der Bestimmung dieser Disziplin hinzuweisen ist, da nicht alle Lehrkörper der Philosophie auch direkt als Philosophen gewertet werden können. Zum anderen beinhaltet die Auflistung nur die Dozenten an der Wiener Universität, also sind keine Privatgelehrten mit aufgezählt.
An der Universität Graz wurden schon 1934 linke, liberale und jüdische Studierende, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entfernt, was die Zahl der Beschäftigten stark verringerte. Auf der einen Seite gab es Unterstützer des Nationalsozialismus, die beispielsweise eine Gruppe der Deutschen Philosophischen Gesellschaft gründeten, bestehend aus Vertretern der Philosophischen Fakultät und zeitgleichen Mitgliedern der NSDAP. Auf der anderen Seite galt der Rektor der Universität Josef Dobretsberger als Gegner des Nationalsozialismus, weshalb er nach der Übernahme der deutschen Truppen abgesetzt wurde. Die Universität wurde Anfang März geschlossen und unter neuer Führung mit vereidigten Mitarbeitern ein Monat später wieder eröffnet. Ein Drittel der Professoren aller Disziplinen wurde entlassen und teils verfolgt. Das Institut wurde auf drei Fakultäten verkleinert und besonders Philosophie und Pädagogik lehrten ausschließlich nationalsozialistische Inhalte, besonders in den Pflichtvorlesungen über Rassenlehre und Weltanschauung sowie politische Philosophie des Nationalsozialismus. Viele Philosophen stellten sich auf die Seite des Deutschen Reiches und die wenigen Oppositionellen waren schon in den Jahren zuvor gegangen bzw. vertrieben worden. (Valent (2017): Das Grazer Institut für Philosophie in den Jahren 1920 bis 1955, S. 10-14)
Neben der politischen Lage war die Philosophie in Österreich bzw. Wien eine andere als in Deutschland, aufgrund des Wiener Kreises. Der →Physiker und Philosoph Moritz Schlick schrieb seine Dissertation bei Max Plack und erhielt an der Universität Wien den Lehrstuhl für Naturphilosophie, welcher zuvor vom Wissenschaftstheoretiker Ernst Mach besetzt war. In Wien schloss sich Schlick einer unverbindlichen Gesprächsrunde an, deren weitere Mitglieder waren der →Mathematiker Hans Hahn, der →Physiker Philipp Frank, der Ökonom Otto Neurath und der →Mathematiker und Maschinenbauer Richard von Mises. Diskussionsgegenstand waren oft die Theorien und Methoden von Ernst Mach, welche Schlick auch später im Wiener Kreis stets integrierte. Die Studenten Herbert Feigl und Friedrich Waismann überredeten 1924 ihren Professor Schlick der Vorsitzende der Gesprächsrunde zu werden, welche bald als Wiener Kreis bekannt wurde. Die Teilnahme an den Diskussionsrunden, die ein bis zwei Mal im Monat donnerstagsabends stattfanden, setzte zwar eine Einladung von Schlick voraus, jedoch waren über die Jahre viele Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen an den Diskussionsrunden beteiligt gewesen. (Feigl, Herbert: Wiener Kreis in America. In: Fleming (1969)(Hg.): The Intellectual Migration, S. 632 f.)
Zu den offiziellen und regelmäßigen Mitgliedern des Wiener Kreises werden in der Regel neben Schlick, Hahn, Neurath, Frank, Feigl und Waismann, die →Mathematikerin Olga Hahn (Schwester von Hans Hahn und spätere Ehefrau Otto Neuraths), der Philosoph Gustav Bergmann, der Bibliothekar Viktor Kraft, Philosoph und →Mathematiker Edgar Zilsel, der Rechtsgelehrte und Phänomenologe Felix Kaufmann, Béla Juhos, ein ungarischer Adliger und Student Schlicks, sowie seine Kommilitonen Karl Menger und Kurt Göbel gezählt. Ab 1926 gehörte der deutsche Philosoph Rudolf Carnap ebenfalls zum Wiener Kreis und prägte mit seiner Sprachphilosophie die Theorien der Gesellschaft (Hegselmann, Rainer: Alles nur Mißverständnisse? Zur Vertreibung des Logischen Empirismus aus Österreich und Deutschland. In: Stadler (1987) (Hg.): Vertriebene Vernunft II, S. 189). Kurzzeitige Mitglieder waren die →Mathematiker Theodor Radakovic und Olga Taussky, Kurt Redemeister, der →Mathematiker und Philosoph Frank Ramsey, sowie der →Physiker und Philosoph Hans Reichenbach, welcher später zum Berliner Kreis wechselte. Die Philosophen Karl Popper und Ludwig Wittgenstein, waren zwar nie Mitglieder des Wiener Kreises gewesen, standen aber in Kontakt mit der Gesellschaft. Wittgenstein und sein Werk Tractatus prägten die Diskussionen und besonders Waismann und Schlick beschäftigten sich intensiv mit seinen Thesen (Edmonds (2021): Die Ermordung des Professor Schlick, S. 32-35, 64-67).
Im Wiener Kreis wurden Theorien des logischen Positivismus bzw. Empirismus verfolgt, woraus die Wissenschaftstheorie entstand, welche sich mit der Methode und dem Ziel von Wissenschaft und Erkenntnis beschäftigt. Es wurden primär Thesen von Philosophen, wie Bertram Russell oder David Hilbert besprochen, jedoch standen nicht nur philosophisch-mathematische Texte im Fokus, sondern auch physikalische. Großen Einfluss auf den Kreis hatte daher auch Albert Einstein mit seiner Relativitätstheorie, als Zeitgenosse war Einstein sogar mit einigen Mitgliedern bekannt und mit Frank und Schlick befreundet. (Feigl (1969): Wiener Kreis in America, S. 631; Edmonds (2021): Die Ermordung des Professor Schlick, S. 43 f.)
Die Sitzungen wurden mit der offiziellen Gründung 1924 nicht mehr in Kaffeehäusern abgehalten, sondern im Mathematischen Institut der Universität in der Boltzmanngasse. Manche Teilnehmer, wie Neurath waren nebenbei auch Mitglieder im Verein Ernst Mach, einem sozialistischen Verein des Freidenkerverbunds Österreich von 1927. Dieser Verein ging in den Wiener Kreis über, weshalb der Wiener Kreis ab November 1928 auch unter dem Namen Verein Ernst Mach bekannt war. (Edmonds (2021): Die Ermordung des Professor Schlick, S. 112 f.)
Nach den Februar-Kämpfen 1934 in Österreich stand der sozialistische Verein unter polizeilicher Beobachtung. Ebenfalls wurde nach Otto Neurath gefahndet, der als Direktor und Gründer des Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseums und als Sozialdemokrat bekannt war. Dieser befand sich glücklicherweise zu diesem Zeitpunkt in Russland und konnte gewarnt werden, weshalb er in die →Niederlande ins Exil reiste. Im selben Jahr verstarb Hans Hahn plötzlich mit 55 Jahren. Seine Schwester und die Ehefrau von Neurath, Olga Hahn-Neurath, ebenfalls Mitglied des Wiener Kreises, folgte ihrem Mann ins →Exil. Die blinde →Mathematikerin war in Wien die dritte Frau, die einen Doktor der Philosophie erhielt. 1937 verstarb sie in Den Haag aufgrund fataler Folgen einer Nierenoperation. Der größte Schicksalsschlag des Wiener Kreises ereignete sich am 22. Juni 1936, als Schlick von seinem ehemaligen Studenten Hans Nelböck im Universitätsgebäude erschossen wurde (Hegselmann (1987): Alles nur Mißverständnisse?, S. 191 f.). Er soll aus Verfolgungswahn und Neid gehandelt haben, die sich auf Schlick fokussierten. Später gab er vor, aus nationalsozialistischen Gründen die Tat verübt zu haben. Da Schlick kein Jude war und der Täter keine direkten Verbindungen zu nationalsozialistischen Gruppierungen besaß, war man sich einig, dass dies unplausibel ist. Er war zuvor schon, aufgrund seiner psychischen Krankheiten und Morddrohungen gegen Schlick, mehrfach in Behandlung in Kliniken. (Edmonds (2021): Die Ermordung des Professor Schlick, S. 201-207)
Der Wiener Kreis zerfiel allmählich, ohne Schlick und mit der Bedrohung aus Deutschland verließen schon vor dem Anschluss Österreichs das Land. Carnap und Feigl zählten zu den ersten, sie erhielten 1931 Angebote aus dem Ausland. Da es noch vor der Machtergreifung Hitlers stattfand, wird in diesen Fällen nicht von einer Emigration gesprochen. Carnap lehrte an der Universität Prag, bis er 1936 in die →USA emigrierte und Feigl reiste 1931 für eine Stelle an der Universität Iowa in die Staaten, wie zuvor erläutert. Karl Menger entging dem Anschluss Österreichs ebenfalls, nach Schlicks Ermordung nahm er nicht mehr an den Treffen des Kreises teil und nahm 1937 eine Stelle an der Universität in Indiana (→USA) an. (Dahms, Hans-Joachim: Die Emigration des Wiener Kreises. In: Stadler (1987) (Hg.): Vertriebene Vernunft, S. 70-72, 82 f.)
Neurath und seine spätere Frau Marie Reidemeister waren 1940 in Den Haag, als deutsche Flieger angriffen und die →Niederlande später kapitulierten. Sie bestiegen eines der letzten Boote, um das Land zu verlassen. In England angekommen wurden sie als →enemy aliens inhaftiert und in →Internierungslager auf der Isle of Man gebracht. Dank den Bemühungen der Kanzelei SPSL und einem Schreiben von Albert Einstein, wurden Neurath und Reidemeister im Februar 1941 entlassen. Sie heirateten und blieben in England. Waismann war aufgrund von Karl Poppers Empfehlung vor der Einnahme Österreichs 1938 in Cambridge tätig, mit Schwierigkeit konnte er seine Frau und seinen Sohn zu sich nach England holen und wurde von der Universität Cambridge weiter beschäftigt. (Edmonds (2021): Die Ermordung des Professor Schlick, S. 244-257)
Nach dem Anschluss gab es eine Welle an Entlassungen an der Wiener Universität und mehrere hundert Professoren, Dozenten und Mitarbeiter wurden entlassen oder frühzeitig in den Ruhestand gesetzt, an der philosophischen Fakultät waren 97 von 267 Personen betroffen gewesen. Darunter auch Felix Kaufmann, der daraufhin in die →USA emigrierte. Das letzte Mitglied des Wiener Kreises, das emigrierte, war Kurt Gödel. Er reiste zuvor schon einige Male in die Staaten, jedoch war er 1939 in Wien. Er war zwar kein Jude, stand jedoch aufgrund seiner Verbindung zu jüdischen Mitgliedern des Wiener Kreises unter Beobachtung. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges versuchte er das Land zu verlassen, bevor er eingezogen werden konnte. Erst 1940 konnte er in die →USA emigrieren. Aufgrund des Risikos einer Schiffsreise über den Atlantik reiste er über Litauen, Lettland und Sibirien primär mit der Eisenbahn in die Mandschurei, um dann von Yokohama nach San Franzisko zu gelangen. Viktor Kraft und Béla Juhos blieben in Österreich. Ersterer war zwar von den Entlassungen betroffen, aber beide hatten keine direkte Verfolgung zu befürchten. (Dahms, Hans-Joachim: Die Emigration des Wiener Kreises. In: Stadler (1987) (Hg.): Vertriebene Vernunft, S. 84-87)
So zerfiel der Wiener Kreis mit der Ermordung Schlicks und den Emigrationen der anderen Mitglieder zwar, aber in der Emigration fanden sie neue Positionen an Universitäten. Der logische Positivismus fand in Amerika besseren Anschluss und eine Rückkehr nach Wien fand nicht statt.
Der Berliner Kreis bzw. die Berliner Gesellschaft für empirische Philosophie (später auch Gesellschaft für wissenschaftliche Philosophie genannt) war eng mit dem Wiener Kreis verbunden; nicht nur aufgrund der ähnlichen philosophischen Position, sondern auch weil der Vorsitzende Hans Reichenbach sowie Richard von Mises zuvor Teil der Diskussionsrunden in Wien waren. Die weiteren Mitglieder waren Karl-Gustav Hempel, Walter Dubislav und Kurt Grelling. Da die Emigration dieser Wissenschaftler in Deutschland früher passierte als die des Wiener Kreises, hatten einige von ihnen einen längeren Emigrationsweg. Reichenbach und von Mises emigrierten in die →Türkei und anschließend in die →USA. In Istanbul lehrten beide an der Universität, von Mises erhielt die Leitung des Instituts für →Mathematik und war Berater der türkischen Regierung. Für sein Engagement erhielt er den ersten Ehrendoktor der Emigranten in Istanbul. Reichenbacher wurde der Leiter des philosophischen Instituts, trotz des beruflichen Erfolges entschlossen sich beide aufgrund der Politik und des Verfahrens mit Emigranten in die Staaten zu emigrieren; von Mises erhielt eine Stelle am MIT in Harvard, während Reichenbach an der Universität in Los Angeles lehrte. (Dahms, Hans-Joachim: Die Emigration des Wiener Kreises. In: Stadler (1987) (Hg.): Vertriebene Vernunft, S. 92 f.)
Walter Dubislav ist wenig bekannt, eremigrierte 1936 nach Prag, wo er sich ein Jahr später das Leben nahm. (Milkov, Nikolay: Walter Dubislav’s Philosophy of Science and Mathematics. In: HOPOS: The Journal of the International Society for the History of Philosophy of Science. Bd. 6, Nr. 1, Chicago: University of Chicago Press Journals, 2016, S. 96–116.)
Karl Hempel und Kurt Grelling entschieden sich 1934 für Belgien und emigrierten nach Brüssel. Hempel nahm eine Einladung von Carnap an und siedelte 1939 nach Chicago über, während Grelling zurück nach Berlin ging, um mit Ausbruch des Krieges wieder nach Brüssel zu fliehen. 1940 wurde er dort inhaftiert, wurde nach →Frankreich abgeschoben und kam bei Paris in ein →Internierungslager. Trotz der Bemühungen seiner Kollegen wurde er als Jude und seine Frau aufgrund der Ehe mit ihm im September 1942 nach Auschwitz deportiert. Sie überlebten nicht. (Dahms, Hans-Joachim: Die Emigration des Wiener Kreises. In: Stadler (1987) (Hg.): Vertriebene Vernunft, S. 93 f.)



3. Philosophie und Philosophen nach der Emigration



Philosophen und Philosophinnen bzw. alle Emigranten machen nicht nur auf dem Weg der Emigration verschiedenste Erfahrungen, sondern auch während des Aufenthalts im Zielland. Heimweh, Schwierigkeiten bei der →Assimilation und die mentalen Folgen von Verfolgung und Verlust erschwerten, neben den Problemen im jeweiligen Exilland, den Aufbau eines neuen Lebens und die Annäherung an eine neue Kultur.
So hatten einige Emigranten Schwierigkeiten in ihrem neuen Leben in einem fremden Land. Beispielsweise der Philosoph des Wiener Kreises Edgar Zilsel. Er war schon früh von den politischen Maßnahmen betroffen, aufgrund seiner sozialdemokratischen Artikeln, in welchen er beispielsweise Hitlers Reden analysierte, wurde ihm seine Dozentenstelle 1934 gekündigt (Laugstien (1990): Philosophieverhältnisse, S. 118 f.). 1938 konnte er mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn Paul über England in die →USA emigrieren. Paul erzählte später, wie es ihm mit einem Stipendium für das College in Charleston leichter fiel, sich im neuen Land zurechtzufinden und anzupassen, als seinen Eltern, die mit Mitte 40 in einem fremden Land mit fremder Sprache und Kultur von neu anfangen mussten und gezwungen waren, alles hinter sich zu lassen, was sie bisher erarbeitet hatten. Seine Mutter entwickelte eine agitierte Depression, bei welcher ihre überfordernde Panik einen apathischen Lähmungszustand hervorrief. Sie ging deshalb viele Male für längere Zeiträume in eine Klinik (Zilsel, Paul: Portrait Of My Father, 12).
Sein Vater versuchte ihr zu helfen, während er mit dem wenigen Geld, das einem Emigranten zustand, in New York sich zurechtfinden musste. Zugleich hoffte Edgar Zilsels Schwester und Schwager, ebenfalls nach Amerika emigrieren zu können. In Briefen soll sie ihrem Bruder Vorwürfe gemacht haben, bis seine Antwortbriefe zurück geschickt wurden, weil das Paar deportiert wurde und schließlich in Auschwitz verstarb. Während all dieser Schwierigkeiten schrieb Edgar Zilsel seine wichtigste These über den Ursprung unserer Wissenschaft in der Konfrontation von Humanisten und Gelehrten mit Künstlern, →Medizinern und →Ingenieuren (Romizi (2018): Die amerikanische Spitze eines Wiener Eisbergs, S. 1 f.). Paul beschreibt die fieberhafte Arbeitsweise seines Vaters und seinen sichtbar schlechten Gesundheitszustand. 1944 nahm sich Edgar Zilsel in seinem Büro am Mill College in Oakland mit einer Überdosis an Schlaftabletten das Leben. (Zilsel, Paul: Portrait Of My Father, 12 f.)
Der Philosoph und Literaturkritiker Ludwig Marcuse (nicht zu verwechseln mit Herbert Marcuse aus der Frankfurter Schule) emigrierte 1933 zuerst an die Côte d'Azur und anschließend 1939 in die →USA. Er reiste früher als andere über →Frankreich in die Staaten, da er dort ein Angebot für eine Lehrstelle erhalten hatte. Seine Bücher waren auch in den →USA bekannt und somit waren seine Voraussetzungen besser im Vergleich zu anderen Emigranten und auch seine berufliche und finanzielle Situation kann als verhältnismäßig gut beschrieben werden, was aber nicht mit Luxus oder Überfluss verglichen werden darf. In seiner Autobiografie berichtet er jedoch darüber, wie er zwar dankbar war, aber Schwierigkeiten hatte sich in der fremden Kultur zurechtzufinden. Die unterschiedlichen Freizeitbeschäftigungen und die andere Art des Universitätssystems, welches ein anderes Verhältnis zwischen Dozent und Studierenden beinhaltete, sowie ein anderer Umgang unter Kollegen. Er gibt offen zu, dass es auf seine Unfähigkeit der Anpassung zurückzuführen sei, weshalb er sich zurückzog und sich unter anderem weigerte, seine Vorlesungen auf Englisch zu halten. „Obwohl er sich in den →USA als Universitätsprofessor etablieren konnte, obwohl seine Bücher erschienen, obwohl er von Freunden unterstützt wurde, definierte sich der Autor [Marcuse] in Opposition zu seinem neuen Aufenthaltsort. Die Gründe hierfür sind zum einen in der starken geistesgeschichtlichen Bindung an Deutschland zu suchen, zum anderen in seiner Unkenntnis der Vereinigten Staaten.“ (Wolbold (1999): Zwischen Ablehnung, Anpassung und Zerrissenheit, S. 141) Nach seiner Pensionierung 1961 zog er zurück nach Deutschland, die fehlende Aufarbeitung der Vergangenheit und der Umgang mit Remigranten, ließen ihn auch dort →heimatlos fühlen. (Wolbold (1999): Zwischen Ablehnung, Anpassung und Zerrissenheit, S. 128-146)
Die beiden Beispiele von Zisel und Marcuse verdeutlichen, dass die Hürden nach der Ankunft im Emigrationsland nicht aufhörten und neben bürokratischen Herausforderungen, politischen Einschränkungen und eventuellen →Internierungen, die →Assimilation und die Auseinandersetzung mit einem fremden Land, während das bisherige Leben teilweise bzw. vollständig aufgegeben werden musste, schwer fielen.
Eine Hürde ist in den meisten Erfahrungsberichten zu finden: Die Sprache. Philosophie gehört zu den Disziplinen, die besonders auf Sprache angewiesen sind, da Theorien genau erklärt werden müssen und Sprache die Art des Denkens beeinflusst. Edgar Zilsel hat seine Thesen in gebrochenem Englisch mit deutscher Grammatik verfasst, während Ludwig Marcuse sich weigerte seine Schriften und Vorlesungen ins Englische zu übersetzen. Die Bereitschaft, sich die neue Sprache anzueignen, beeinflusste die →Assimilation.
Die Frankfurter Schule entschloss sich bewusst, die Dialektik der Aufklärung in deutscher Sprache zu verfassen (Adorno: Scientific experiences of a european scholar in America, In: Fleming (1969)(Hg.): The Intellectual Migration, S. 355-357), während der Wiener Kreis schon früher anfing, auf Englisch zu publizieren. Die Wahl der Sprache bestimmt indirekt an welches Publikum die Publikation gerichtet ist. So führte die Entscheidung der logischen Empiristen, schon 1936 ihre Texte auf Englisch zu schreiben, zu einer schnelleren Anpassung an das amerikanische Publikum. Erst 1940 wurde die Zeitschrift des Instituts für Sozialforschung auf Englisch veröffentlicht. (Dahms (2002): Philosophie, S. 201)
Dies war einer der Gründe, weshalb sich die Frankfurter Schule nicht so in Amerika durchsetzen konnte, wie es der Fall beim Wiener Kreis war. Ein anderer war, dass zwar Sozialforschung besonders zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges gefragt war, die Theorien des Wiener Kreises aber an bestehende aktuelle Strömungen anknüpfen konnten.
Herbert Marcuse vom Institut für Sozialforschung schreibt, dass die Emigration der Philosophen zwei philosophische Kategorien in die Staaten unterstütze: die „empirisch-positivistische Denkweise und deren pragmatische Anwendung“ und die „irrational-metaphysische Denkweise“ (Marcuse (1965): Der Einfluß der deutschen Emigration auf das amerikanische Geistesleben, S. 28). Der logische Positivismus des Wiener Kreises strebt eine Verwissenschaftlichung der Philosophie an, was zur Strömung der Naturwissenschaften wie Quantenmechanik und Atomphysik passt, die zu der Zeit intensiv erforscht wurden. Die Frankfurter Schule jedoch gehörte zu keiner der beiden Kategorien an, die dialektische Gesellschaftstheorie zwar später und besonders bei der jüngeren Generation auf Interesse stieß, vorerst aber an keine bestehende Strömung anknüpfen konnte und daher Schwierigkeiten hatte, sich zu etablieren. (Marcuse (1965): Der Einfluß der deutschen Emigration auf das amerikanische Geistesleben, S. 29-31)
Die Beispiele verdeutlichen, wie die verschiedenen Erfahrungen in der Emigration sein konnten und wie diese die philosophische Arbeit der Emigranten beeinflussen konnten. Im direkteren Sinne, indem in der Dialektik der Aufklärung ein Ansatz zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus entwickelt wird, oder auch indirekter, wie beispielsweise bei Edgar Zilsel, der die Veröffentlichung seiner These nicht mehr miterlebte und die Überarbeitung seiner Manuskripte andere übernehmen mussten. Natürlich ist nicht zu sagen, wie sich die Philosophie besonders in Amerika, dem primären Emigrationsland der Philosophen und Philosophinnen, ohne Emigration entwickelt hätte oder wie genau die Emigrationserfahrungen die philosophischen Theorien beeinflussten, jedoch ist der Einfluss der Emigranten auf die Entwicklung der Philosophie unverkennbar.



3.1 Philosophie und Philosophen im „Dritten Reich“



Die Emigration von verfolgten Philosophen und Philosophinnen hatte nicht nur Folgen in den Emigrationsländern, sondern im deutschsprachigen Raum ebenfalls. So konnte in den 30er Jahren ein ersichtlicher Rückgang des Personals an philosophischen Fakultäten von deutschen Universitäten festgestellt werden, aufgrund von Emigration, Deportation und der Welle an Entlassungen durch das Gesetz der Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. (Beck (2018): Historische Erfahrung und begriffliche Transformation, S. 15)
Jedoch blieben einige Philosophen in Deutschland. Viele passten ihre Schriften an, um der nationalsozialistischen Ideologie zu entsprechen, andere wiederum bekannten sich öffentlich zum Nationalsozialismus mit der Unterzeichnung der Erklärung Deutsche Wissenschaftler hinter Adolf Hitler 1934. Die Grenze zwischen Nationalsozialist und Opportunist ist in einigen Fällen schwer zu definieren. Das bekannteste Beispiel dafür ist wahrscheinlich der öffentlichen Befürworter des Dritten Reiches Martin Heidegger.
Besonders mit seinem existenzialphilosophischen Werk Sein und Zeit zählte er zu den bekannten Philosophen seiner Zeit und hatte Kontakt zu vielen weiteren Philosophen und Philosophinnen. Einige von ihnen zählten zu den religiös verfolgten Emigranten, beispielsweise versuchte er Edith Stein bei ihrem Versuch einer Habilitation zu helfen, noch bekannter ist sein Verhältnis mit Hannah Arendt. Heidegger war Mitglied der NSDAP 1933 geworden, trat bei der Wahlkundgebung der deutschen Wissenschaft für Adolf Hitler im November 1933 auf und unterzeichnete die Erklärung im August 1934, mit der er sich offiziell zu Hitler und seiner Ideologie bekannte. Als er Rektor der Universität Freiburg wurde, versuchte er, diese nach dem Führerprinzip umzustrukturieren. Er förderte zusätzlich die SA-Studentenfunktionäre und versuchte durch Reformen die nationalsozialistische Ideologie in der Universitätslehre zu festigen. Sein Vorhaben scheiterte, er behielt jedoch seine faschistischen Ansichten und schob den Fehlschlag auf fehlende Konsequenz der Führungsposition. (Leske (1990): Philosophen im »Dritten Reich«, S. 102 f.) Da Heidegger und die Philosophie im Dritten Reich nur als Exkurs in diesem Artikel betrachtet werden, ist weiterführende Literatur im Verzeichnis angegeben.
Insgesamt ist es umstritten, inwiefern die Philosophie im Fokus des nationalsozialistischen Regimes stand. Auf der einen Seite stand die faschistische und erkenntnisfeindliche Ideologie automatisch gegen Philosophie. Auf der anderen Seite wurde Philosophie verwendet, um diese Ideologie zu legitimieren. Beispielsweise zählte die Universität Jena zu den Zentren der Verbreitung der Rassentheorie. Des Weiteren wurden philosophisch-faschistische Vereine wie die Deutsche Philosophie Gesellschaft vom Kulturministerium finanziell gefördert. (Leske (1990): Philosophen im »Dritten Reich«, S. 91-99)
Wie in vielen anderen Disziplinen wurde auch in der Philosophie lange nicht die Vergangenheit während der NS-Zeit aufgearbeitet. So gibt es in der Forschung umstrittene Thesen dazu, ob es tatsächliche Nationalsozialisten unter Philosophen vor 1933 gab und ob es eine nationalsozialistische Philosophie gab und nicht nur eine Ansammlung an zusammenhangslosen Theorien (Dahms (2002): Philosophie, S. 204-210). Der genaue Stand der aktuellen Forschung und die Entwicklung der Aufarbeitung innerhalb der Philosophie sind nicht Teil dieses Artikels, jedoch sind im Literaturverzeichnis Quellen dazu angegeben. Dieser Abschnitt verdeutlicht, dass es zwar keinen Stillstand in der Philosophie im deutschsprachigen Raum nach 1933 gab, aber die Emigration von 86 praktizierenden Philosophen und Philosophinnen bzw. insgesamt 102 Personen, die zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt philosophisch arbeiteten, einen deutlichen Einschnitt hinterließ.
Somit wird deutlich, dass in der philosophischen Disziplin verhältnismäßig viele emigriert sind, was zu einem großen Schwund an den philosophischen Fakultäten im deutschsprachigen Raum führte, weshalb die vorherige Vielfalt an aktiven Strömungen einbüßte. Das Zielland der meisten Philosophen und Philosophinnen war eindeutig die →USA mit 60 Emigranten. Bis auf →Großbritannien mit 17 Personen blieben die philosophischen Emigranten in den anderen Ländern im einstelligen Bereich. Zu den Statistiken und der Datenbank ist wiederholt darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um eine vollständige Darstellung der Disziplin handelt, sondern es sich um Personen mit einer offiziell philosophischen Tätigkeit an einer Universität handelt, weshalb Philosophen und Philosophinnen außerhalb des universitären Rahmens sowie interdisziplinäre Wissenschaftler wie beispielsweise Mitglieder der Frankfurter Schule oder des Wiener Kreises nicht vollständig inbegriffen sind.
Vergleichsweise viele konnten in der Emigration ihrer philosophischen Arbeit weiter nachgehen, jedoch verloren die meisten an Prestige und waren den Schwierigkeiten des Lebens als Emigrant ausgesetzt. So dürfen die Emigrationserfahrungen der Philosophen und Philosophinnen nicht pauschalisiert betrachtet werden, da viele verschiedene Faktoren das Leben im Zielland beeinflussten und psychische Belastungen individuell empfunden wurden. Die Auswirkungen der Emigration und des →Wissenstransfers sind jedoch bis heute noch zu spüren und haben die Philosophie maßgeblich geprägt.



[YV]


4. Benutzte Literatur




Albert, Karl: Philosophie im Schatten von Auschwitz. Edith Stein – Theodor Lessing – Walter Benjamin – Paul Ludwig Landsberg, Dettelbach: Verlag J.H. Röll, 1995.
Alexander, Dietrich; Lindner, Frank: Mende, Georg. In: Lange, Erhard; Alexander, Dietrich (Hg.): Philosophenlexikon, Berlin: Dietz-Verlag, 1982, S. 650–651
Arnsberg, Paul: Biographisches Lexikon der Juden in den Bereichen: Wissenschaft, Kultur, Bildung, Öffentlichkeitsarbeit in Frankfurt am Main. Kuratorium für Jüdische Geschichte e.V., Hans-Otto Schembs (Hg.): Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution, Bd. 3, Darmstadt: Eduard Roether Verlag, 1983.
Beck, Max; Coomann, Nicholas (Hg.): Historische Erfahrung und begriffliche Transformation. Deutschsprachige Philosophie im Exil in den USA 1933-1945. In: Emigration – Exil – Kontinuität. Schriften zur zeitgeschichtlichen Kultur- und Wissenschaftsforschung, Bd. 16, Wien: LIT, 2018.
Dahms, Hans-Joachim: Philosophie. In: Hausmann, Frank-Rutger (Hg.): Die Rolle der Geisteswissenschaften im Dritten Reich 1933-1945, München: Oldenbourg, 2002.
Edmonds, David: Die Ermordung des Professor Schlick. Der Wiener Kreis und die dunklen Jahre der Philosophie, München: C.H.Beck, 2021.
Farias, Victor: Heidegger und der Nationalsozialismus, Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1989.
Faye, Emmanuel: Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie, Berlin: Matthes & Seitz, 2009.
Fleming, Donald; Bailyn, Bernard (Hg.): The Intellectual Migration. Europe and America, 1930 – 1960, Cambridge: The Belknap Press of Harvard University Press, 1969.
Haller, Rudolf; Stadler, Friedrich: Wien-Berlin-Prag. Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie, Wien: Hölder-Pichler-Tempsky, 1993.
Hösle, Vittorio: Eine kurze Geschichte der deutschen Philosophie. Rückblick auf den deutschen Geist, München: C.H.Beck, 2013.
Jeffries, Stuart: Grand Hotel Abgrund, Die Frankfurter Schule und ihre Zeit, übers. v. Susanne Held, Stuttgart: Klett-Cotta, 2019.
Kapferer, Norbert: Die Nazifizierung der Philosophie an der Universität Breslau 1933-1945 (Philosophie. Forschung und Wissenschaft, Bd. 3), Münster: LIT, 2001.
Kingreen, Monica: Zurück nach Frankfurt. Rückkehr aus dem Exil in die Stadt am Main. In: Irmela von der Lühe, Axel Schildt, Stefanie Schüler-Springorum (Hg.): »Auch in Deutschland waren wir nicht zu Hause«. Jüdische Remigration nach 1945, 121-143, Göttingen: Wallstein, 2008.
Kobes, Jörg; Hesse, Jan-Otmar (Hg.): Frankfurter Wissenschaftler zwischen 1933 und 1945. In: Schriftenreihe des Frankfurter Universitätsarchivs, Bd. 1, Göttingen: Wallstein, 2008.
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Laugstien, Thomas: Philosophieverhältnisse im deutschen Faschismus. In: Ideologische Mächte im deutschen Faschismus, Bd. 4, Hamburg: Argument-Verlag, 1990.
Lenhard, Philipp: Café Marx. Das Institut für Sozialforschung von den Anfängen bis zur Frankfurter Schule, München: C.H.Beck, 2024.
Leske, Monika: Philosophen im »Dritten Reich«. Studie zu Hochschul- und Philosophiebetrieb im faschistischen Deutschland, Berlin: Dietz Verlag, 1990.
Marcuse, Herbert: Der Einfluß der deutschen Emigration auf das amerikanische Geistesleben. Philosophie und Soziologie, Jahrbuch für Amerikastudien, Bd. 10, Heidelberg: Universitätsverlag Winter Heidelberg, 1965: 27 – 33.
Marg, Stine; Walter, Frang (Hg.): Göttinger Köpfe und ihr Wirken in die Welt, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019.
Martynkewicz, Wolfgang: Das Café der trunkenen Philosophen. Wie Hannah Arendt, Adorno & Co. das Denken revolutionierten, Berlin: Aufbau Verlag, 2022.
Mehring, Reinhard: Philosophie im Exil. Emil Utitz, Arthur Liebert und die Exilzeitschrift Philosophia. Dokumentation zum Schicksal zweier Holocaust-Opfer, Würzburg: Königshausen & Neumann, 2018.
Milkov, Nikolay: Walter Dubislav’s Philosophy of Science and Mathematics. In: HOPOS: The Journal of the International Society for the History of Philosophy of Science. Bd. 6, Nr. 1, Chicago: University of Chicago Press Journals, 2016, S. 96–116.
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Nolte, Ernst: Martin Heidegger. Politik und Geschichte im Leben und Denken. Berlin/ Frankfurt am Main, 1992.
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Websites:
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