In den beiden Bereichen Physik und Chemie wird die Emigration der betroffenen Physiker und Chemiker summarisch dargestellt. Auf einzelne persönliche Schicksale wird dabei nicht abgehoben. In diesem Beitrag sollen nun emigrierte Mineralogen, Metallurgen und Materialwissenschaftler in ihrem Lebensweg und insbesondere in ihrer Emigrationshistorie näher betrachtet werden.
Mineralogie, Metallurgie und Materialwissenschaften sind Wissenschaften, die disziplinär durch die Fächer Physik und Chemie nicht gut abdecken werden, mit einer langen Historie. Ihren Ursprung haben sie überwiegend im Bergbau. Die Mineralogie kann in ihrem Ursprung auf die Erkenntnis im Bergbau und in der Naturphilosophie der Griechen zurückgeführt werden. Die Metallurgie kann zeitlich sogar noch weiter zurückgeführt werden (z. B. in die Bronzezeit). Die Materialwissenschaft als eigenständiges Fach hat sich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts herausgebildet und basiert wesentlich zum einen auf der Hüttentechnik, ferner aber auch auf Metallurgie und Silikatchemie
In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts gab es im Deutschen Reich ca. 29 mineralogische Institute und ca. 61 Professuren/Dozenturen im Fach Mineralogie. Für die Metallurgie bzw. die Materialwissenschaft lassen sich gesonderte Zahlen nicht ermitteln, weil oftmals unterschiedliche Bezeichnungen verwendet wurden, z. B. Hütten- oder Metallkunde, Metallographie o. ä. Betrachtet man beide Disziplinen zusammen, kommt man auf ca. 24 Professuren/Dozenturen und 9 Institute. Diese verteilen sich auf die Universitäten Aachen, TH Berlin, Clausthal-Zellerfeld und Freiberg. An den Universitäten Braunschweig, TH München, Münster und Stuttgart gab es einzelne Professuren. (Minerva).
Mineralogie, Metallurgie und Materialwissenschaft können als Teilbereiche der Chemie oder der Physik sowie z.T. auch der Geowissenschaften angesehen werden (Minerva). Das Ausscheiden bzw. die Emigration der im nachfolgenden näher beschriebenen Personen stellte für die betroffenen Institutionen in Deutschland genauso einen Verlust dar, wie er für die aufnehmenden Länder bzw. deren Institutionen einen wertvollen Beitrag war.
Aus dem Personenverzeichnis ( Personen), die im Wesentlichen auf Röder, Werner & Strauss beruht, konnten 10 Personen identifiziert werden. Zwei weitere Personen wurde gefunden in Maier, S. 368 bis 370, zwei weitere in Rürup und eine weitere Person im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek.
Über prozentuale Verluste der drei Felder Mineralogie, Metallurgie und Materialwissenschaft kann an dieser Stelle aufgrund der sehr kleinen Zahlen betroffener Forscher nichts gesagt werden – allerdings deuten diese darauf hin, dass vor 1933 nur sehr wenige jüdische Naturwissenschaftler in diesen drei Bereichen tätig waren und eine Stelle akquirieren konnten. Verantwortlich dafür könnte der latente Antisemitismus schon vor 1933 gewesen sein.
Die nachfolgend angeführten Lebensdaten basieren, soweit nicht auf die nachstehende Literatur Bezug genommen wird, im Wesentlichen auf den jeweiligen Einträgen in Personen, bei Wikipedia, der Deutschen Biografie oder sonstigen frei zugänglichen Personenverzeichnissen (z. B. VIAF, GND, LCCN o. ä.)
Victor Mordechai Goldschmidt wurde am 10.02.1853 in Mainz in eine jüdische Familie geboren. Im Jahr 1888 hat er sein Frau Leontine, geborene Porges, eine Kusine, geheiratet.
Er studierte an der Bergbauakademie Freiberg und erhielt 1874 sein Diplom als Hütteningenieur. Im Jahr 1880 wurde an der Universität Heidelberg zum Dr. phil. promoviert (Dissertation „Über Projektion und graphische Krystallberechnung.“)
1892 wurde er außerordentlicher Professor und 1909 ordentlicher Honorarprofessor an der Universität Heidelberg. 1912 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Russische Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg aufgenommen. Im Jahr 1913 wurde er zum Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und 1914 in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
Einige seiner Veröffentlichungen seinen an dieser Stelle angeführt:
-> 1886–1891 Index der Krystallformen der Mineralien,
-> 1897 Krystallographische Winkeltabellen
-> 1901 Ueber Harmonie und Complication
-> 1919/1929 Atlas der Krystallformen
-> 1921 Über Complikation und Displikation
-> 1934 Kursus der Kristallometrie (hg. v. Hans Himmel & K. Müller)
-> 1935 Vorlesungen zur Naturphilosophie (hg. v. F. Pösch)
1917 wurde er zum geheimen Hofrat ernannt. Victor Goldschmidt gründete um 1895 in Heidelberg sein privates „Mineralogisch-Krystallographisches Institut“. 1923 wurde Victor Goldschmidt Ehrenmitglied des Naturhistorisch-Medizinischen Vereins in Heidelberg.
1903 wurde er Ehrendoktor der Queens University in Kingston, 1922 Dr. Ing. ehrenhalber und erhielt 1913 das Ritterkreuz 1. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen. 1933 wurde er Ehrenmitglied der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft. Obwohl er getauft war, sah er sich gezwungen, nach der Machtergreifung der Nazis Deutschland Richtung Österreich zu verlassen. Er starb dort bei einem Kuraufenthalt bereits am 8.5.1933. Sein Grab befindet sich auf dem Bergfriedhof in Heidelberg. Seine Frau Leontine, die in um 9 Jahre überlebte, schied 1942 freiwillig aus dem Leben, als sie von ihrer bevorstehenden Deportation nach Theresienstadt erfuhr.
Wilhelm Salomon-Calvi wurde am 15.2.1868 als Wilhelm Salomon in Berlin in eine jüdische Familie geboren. Seine Eltern waren der Fabrikant Adolf Salomon und sein Frau Hulda. Den Nachnamen Salomon-Calvi legte er sich nach dem Tod seiner Frau Rosalina Calvi mit der er von 1893 bis 1924 (Heidelberger Geschichtsverein) verheiratet war, zu. Da seine Frau römisch-katholisch war, konvertierte er 1892 vom Judentum zum Christentum.
Er studierte an den Universitäten Zürich, Leipzig und Berlin Geologie und Paläontologie, wurde 1890 an der Universität Leipzig zum Dr. rer. nat. promoviert (Dissertation „„Geologische und petrographische Studien am Monte Aviolo im italienischen Anteil der Adamellogruppe“).
1908 wurde er Professor für Geologie und Paläontologie, sowie Direktor des neugegründeten Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Heidelberg. 1913 wurde er zum Ordinarius ernannt und leitete bis 1934 das Geologisch-Paläontologische Institut. 1916 wurde er Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Am 14. August 1918 erreichte die von ihm veranlasste Bohrung der Thermalquelle bei der Bergheimer Mühle bei einer Tiefe von 998 Metern eine 27 Grad „warme und ausreichend kräftige Quelle“.
Am 1. Oktober 1918 wurde er Dekan der Naturwissenschaftlich-Mathematischen Fakultät der Universität Heidelberg und 1919: zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt.
In den Jahren 1924/25 war er Dekan der Naturwissenschaftlich-Mathematischen Fakultät der Universität Heidelberg.
Im Jahr 1897 habilitierte er sich an der Universität Heidelberg mit der Arbeit „Alter, Lagerungsform und Entstehungsart der periadriatischen granitisch-körnigen Massen“.
Im Jahr 1912 wurde ihm der Titel Geheimer Hofrat verliehen. Am 1.5.1926 wird er zum Ehrenbürger der Stadt Heidelberg ernannt.
1930/31 veröffentliche Salomon-Calvi die Schrift „Epeirophorese“ Teile 1/2), in der er die Entdeckungen von Alfred Wegner zum Kontinentaldrift verteidigte. Salomon-Calvi war entgegen der Meinung der Geologen-Community jener Zeit, die diese These als „Phantasterei ohne wissenschaftliche Basis“ abtaten, schon früh davon überzeugt. (Hoppe, S. 331)
Seine Emigrationsgeschichte begann mit der Machtergreifung der NSDAP im Jahr 1933. Bereits im April des Jahres wurde er durch das Rektorat der Universität Heidelberg von seinem Ordinariat beurlaubt. Er war dort der dritte Ordinarius der Naturwissenschaftlichen-Mathematischen Fakultät, der von den Nürnberger Gesetzen unmittelbar betroffen war. Gleichfalls im Jahr 1933 wurde er „stillschweigend“ von der Liste der Ehrenbürger gestrichen. Im Jahr 1934 verzichtete er auf seinen Lehrstuhl des Geologisch-Paläontologische Instituts und nimmt einen Ruf an die Forstwirtschaftliche Hochschule in Ankara an. Seine Übersiedelung in die Türkei wurde von ministerieller Seite „wärmstens“ empfohlen. Wie schwer Salomon-Calvi diese Emigration fiel, kann man aus folgender Bemerkung an den Dekan ersehen: „Meine Heidelberger Zeit ist das wesentliche Stück meines Lebens. Daran kann weder das, was vorausging, noch das, was folgen sollte, etwas ändern“ (Mußgenug, S. 74). Dort in der Türkei baute er das Geologische Institut und eine moderne zentrale Wasserversorgung auf.
Am 31.12.1935 wurde ihm die Lehrerlaubnis durch die Nazis entzogen.
Er starb am 15.07.1941 in der Türkei und ist auf dem Friedhof Cebeci Asri Mezarlığı begraben. In Heidelberg gibt es ein Familiengrab auf dem Bergfriedhof Heidelberg. Dort gibt es auf dem Granitfindling die Inschrift: „Wilhelm Salomon-Calvi, geb. 15. II 1868 starb fern der Heimat in Ankara am 15. Juli 1941, Ehrenbürger der Stadt Heidelb.“ (Heidelberger Geschichtsverein)
An dieser Stelle sollen einige grundsätzliche Anmerkung zur deutschen Emigration von Akademikern in die Türkei gesagt werden (Regine Erichsen, Deutsche Wissenschaftler im türkischen Exil: Zum historischen Wandel der Anschauungen, in: Kubaschek, Seyfert). Diese erfolgte im Wesentlichen zwischen den Jahre 1933 bis 1945. Die Notgemeinschaft deutscher vertriebener Wissenschaftler legte eine erste Liste mit 60 Personen vor, denen Lehrstellen angeboten werden sollten. (Mußgenug, S. 173). Die Türkei war sehr an dieser wissenschaftlichen Immigration interessiert, konnte sie dadurch doch ihre Hochschulreform gestalten. Eine grundlegende Bestandsaufnahme zum Thema aus den siebziger Jahren hält fest: Die Emigranten erhielten Zuflucht im Exil Türkei und leisteten Bildungshilfe.
An dieser Stelle muss allerdings noch erwähnt werden, dass es neben den emigrierten Akademiker auch solche gab, die aufgrund der bildungstechnischen Zusammenarbeit von Nazi-Deutschland und der Türkei dorthin abgeordnet wurden. Formaljuristisch kann man die Entsendung von Salomon-Calvi auch hierunter subsumieren. Unabhängig davon musste Salomon-Calvi Deutschland verlassen, also emigrieren, da er bei einem Verbleib in seinem Heimatland wohl lebensbedrohliche Konsequenzen zu gegenwärtigen gehabt hätte.
Im Zusammenhang mit Wilhelm Salomon-Calvi wird sein Heidelberger Schüler Max Pfannenstil erwähnt, dem er den Weg in die Türkei ebnete und der an der Hochschule in Ankara in den Jahren 1938 bis 1941 die Bibliothek organisierte (Pfannenstil: „I received this place by the kindness and assistance of my teacher the late Professor Salomon-Calvi, geologist at Ankara and formerly professor of geology at the Heidelberg University, who like myself was discharged by the Nazis, being Jewish.“(Kubaschek, Seyfert, S. 112))
Victor Moritz Goldschmidt wurde am 27.01.1888 in Zürich in eine jüdische Familie geboren. Sein Vater war Heinrich Jakob Goldschmidt, Prof. für Chemie an der Universität Oslo.
1905 begann Victor Moritz Goldschmidt mit dem Studium der Mineralogie, Geologie und Chemie an der Universität Oslo. 1911 wurde er dort promoviert (Dissertation: Die Kontaktmetamorphose im Kristiannia-Gebiet) und im Jahr 1912 habilitiert. Im Jahr 1914 wurde er Professor und Direktor am Mineralogischen Institut der Universität Christiania (heute: Universität Oslo).
Im 1. Weltkrieg kam er als Leiter der staatlichen Rohstoffkommission mit den Fragen des Vorkommens der chemischen Grundstoffe in Berührung. Nach dem Krieg wandte er sich der Erforschung und Gesetzmäßigkeiten zu, die die Verteilung der Elemente im Erdkörper bestimmen. Hieraus entstand die Reihe „Geochemische Verteilungsgesetze der Elemente, I – VIII in den Jahren 1923 bis 1927. Mittels Röntgenstrahlung ermittelte er aus Kristallstrukturbestimmungen die Radien von Ionen und Atomen. Dies bildet eine wichtige Grundlage der Kristallchemie.
Im Jahr 1929 wurde er an die Universität Göttingen berufen, nachdem eine Berufung an die Universität München aufgrund antisemitischer Tendenzen im Jahr 1924 gescheitert war.
Im Jahr 1924 wurde er korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften, 1926 Mitglied der Leopoldina und 1929 Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften.
Im Jahr 1931 wurde von der Universität Freiburg i. Br. zum Dr. h. c. ernannt.
Schlusspunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit bildete 1938 die Abhandlung „Geochemische Verteilungsgesetze IX, Die Mengenverhältnisse der Elemente und Atomarten“
Die vorstehend zu seiner wissenschaftlichen Arbeit gemachten Angaben entstammen Stolberg-Wernigerode, S. 618/619. Nach 1938 scheint es keine weitere wissenschaftliche Veröffentlichung von Goldschmidt zu geben.
Die Emigrationshistorie von Victor Moritz Goldschmidt ist sehr komplex und zeigt auch die Entwicklung der deutschen Okkupationen, insbesondere während des zweiten Weltkriegs. Durch das nationalsozialistische Regime vertrieben, kehrte er 1935 nach Oslo zurück und bekleidete dort die Stelle des Direktors des Geologischen Museums. Nach der Okkupation Norwegens durch die Wehrmacht wurde er 1942 verhaftet. Ihm gelang jedoch die Flucht nach Schweden (während des 2. Weltkriegs neutral). Von dort kam er nach England, wo er am Maccauly-Institut in Aberdeen bzw. an der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt in Rothamsted arbeitete. 1946 kehrte er nach Oslo auf seinen alten Posten zurück.
Er wurde zwar im israelitischen Glauben geboren, lebte jedoch glaubenslos. Zeit seines Lebens war er nicht verheiratet. Er starb am 20.03.1947 in Vestre Aker bei Oslo.
Hans Alterthum wurde am 30.09.1890 in Berlin geboren. Die Familie Alterthum stammte ursprünglich aus Schwerin an der Warthe (ehemals Posen in Preußen, heute Skwierzyna, Polen). Seine Eltern waren Siegfried Alterthum, ein Fabrikant, und Therese, geb. Loose.
Er studierte Physik und Chemie (die Studienorte sind nicht bekannt), promovierte 1913 bei Walther Nernst an der Philosophischen Fakultät Berlin, von 1913 bis 1914 war er Assistent an der Technischen Hochschule Aachen und arbeitete von 1920 bis 1938 bei der Studiengesellschaft für elektrische Beleuchtung (Forschungsstelle des Osramkonzerns).
Er emigrierte 1939 nach England und arbeitete dort in einer Leuchstoffröhrenfabrik. 1940 siedelte er nach Argentinien um und arbeitete dort bis 1948 als Chemiker und Metallurge bei der Bergwerksgesellschaft „Minerales Y Metales“. Von 1948 bis 1952 leitete er als Chefingenieur in Buenos Aires die Hartmetallfabrik Stora-Duris. Von 1952 bis zu seinem Tod war er technischer Direktor der Fluoreszenzröhrenfabrik E. Lix Klett & Co., Buenos Aires.
Er starb dort am 11.03.1955.
Karl Weissenberg dem Fach „Metallurgie“ zuzuordnen, ist eigentlich eine Krücke. Er studierte Mathematik, Physik und Chemie und war auch in seinem Berufsleben auf vielen Wissenschaftsfeldern tätig. Die Zuordnung ergibt sich aus seiner Tätigkeit am Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Physik und dort in den Instituten für physikalische Chemie und Metallforschung. Die nachstehende Lebensdarstellung stammt aus Rürup, S.355 bis 359
Karl Weissenberg wurde am 11.06.1893 in Wien geboren. Seine Eltern waren Heinrich Weissenberg, ein leitender Angestellter („Privatbeamter“), und Irene, geb. Wiener. Er wuchs in Wien, der Steiermark und Deutschland auf. Er war jüdischer Herkunft, gehörte aber der Katholischen Kirche an.
Im Jahr 1910 machte er an der Oberrealschule in Frankfurt/Main sein Abitur. Anschließend studierte er Mathematik, Physik und Chemie an Hochschulen in Wien, Berlin und Jena.
Ab 1914 leistete er in der österreichischen Armee seinen Wehrdienst („Einjährig-Freiwilliger“). Von Herbst 1915 bis Ostern1919 war er als „Landsturm-Ingenieur-Leutnant“ in die Zentral-Röntgenstation des Allgemeinen Krankenhauses in Wien abkommandiert.
Im Jahr 1917 während einer vorübergehenden Beurlaubung promovierte er an der Universität Jena bei Robert Haussner (Dissertationsthema: Die Algebra eines hyperkomplexen Systems mit 4 Einheiten). Nach Entlassung aus dem Militärdienst 1919 wurde Weissenberg Assistent bei Haussner am Mathematischen Institut der Universität. Weitere erste berufliche Stationen waren:
-> 1920 Hilfsassistentenstelle bei Robert von Mises am Institut für angewandte Mathematik an der Universität Berlin
-> 1921 Assistent bei Michael Polanyi am Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Faserchemie,
-> später „wissenschaftlicher Hilfsarbeiter“ am KWI für Metallforschung und Gastforscher am KWI für physikalische Chemie und Elektrochemie
Im Jahr 1925 habilitierte sich Weissenberg an der Universität Berlin im Fach Physik. (Habilitationsthema: Die Kristalle und ihre Baustoffe).
Im Jahr 1925 erhielt er einen Vertrag als Wissenschaftlicher Berater und Gastforscher an den drei KWI für physikalische Chemie und Elektrochemie, für Metallforschung und Faserchemie. Im Jahr 1926 erhielt er ein feste Anstellung als Assistent am KWI für Physik, weil befürchtet wurde, dass er sonst aus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) ausscheiden könnte (Sitzungsprotokoll: „ Es besteht die Gefahr, dass Weissenberg aus dem Verbund der KWI’e ausscheidet, wenn ihm nicht eine finanziell gesicherte Stellung gegeben wird“). Trotz der Anstellung am KWI für Physik war vereinbart, dass er für die anderen KWI’e weiterarbeitet. Diese ungewöhnliche Regelung ist der inter- und multidisziplinär Arbeitsweise von Weissenberg geschuldet. Neben seinen vielfältigen Arbeiten in den darauffolgenden Jahren war er auch ein ungewöhnlich begabter Organisator und Koordinator, der sowohl die Theorie als auch die Anwendungspraxis seiner wissenschaftlichen Forschungen im Auge hatte.
Im Jahr 1929 wurde Weissenberg – neben Albert Einstein und Max von Laue – zum Wissenschaftlichen Mitglied des KWI für Physik ernannt. Seine Ernennung geht auf eine Empfehlung von Fritz Haber, Reginald Oliver Herzog und Max von Laue zurück.
Seit 1929 lehrte er als Privatdozent an der Universität Berlin. 1932 wurde er zum nichtbeamteten außerordentlichen Professor ernannt.
Seine Emigrationsgeschichte begann im Jahr 1933. Der damalige Präsident der KWG, Max Planck, teilte Weissenberg „mit größtem Bedauern“ am 10.03.1933 mit, dass sein Vertrag am KWI für Physik „aufgrund der ernsten Finanzlage“ der KWG nicht über den 30.09.1933 verlängert werden kann. Im September wurde ihm auf der Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums die Lehrerlaubnis an der Universität entzogen, worauf er sich zur sofortigen Emigration entschloss.
1933 bis 1934 hatte er eine Gastprofessur für Physik an der Sorbonne. Danach ging er nach Großbritannien, wo er mit Hilfe des Academic Assistance counsel (AAC) als Gastforscher an der Universität Southampton unterkam. Eine im Jahr 1936 angebotene Stelle in der UdSSR lehnte er gegenüber der Society for the Protection of Science and Learning, der Nachfolgeorganisation der AAC, ab („My wife and I like being in this country, and we would like making it our home”).
1937/38 war er als wissenschaftlicher Berater in Paris tätig (Angabe nicht ganz gewiss).
1939 beantragte er die Einbürgerung in Großbritannien, die ihm erst 1946 gewährt wurde. Deshalb wurde er zu Kriegsbeginn als „enemy alien“ interniert. 1940 wurde er krankheitsbedingt aus dem Lager entlassen, nachdem sich Albert Einstein für ihn eingesetzt hatte („Taking every responsibility for his loyalty to Great Britain I appeal to you to intervene on his behalf“, Einstein am 30.06.1940 an den SPSL).
Seine Tätigkeiten ab 1940:
-> 1940 angestellt am Shirley Institute, Didsbury, Manchester
-> 1943 bis 1946 „Scientific Advisor“ des Petroleum Warfare Department am Imperial College, London
-> 1948 Leiter des Departments of Mathematics der Rayon Research Association, Manchester
-> Professuren bzw. Gastprofessuren an verschiedenen Universitäten Southampton, Berlin, Sorbonne, Columbia University, New York o. ä. in vier verschiedenen Disziplinen Physik, physikalische Chemie, Civil engineering and Engineering Mechanics, Human Anatomy.
Weissenberg zeigt kein Interesse an der Rückkehr nach Deutschland und lehnte in der 50ziger Jahren eine Wiedereinstellung durch die Max-Planck-Gesellschaft im Rahmen eines Wiedergutmachungsverfahrens ab.
Ab 1969 lebte er in Den Haag, wo er auch am 06.04.1976 verstarb. In einem Nachruf von John Harris in Nature standen folgende Bemerkungen: „He was notable in his Scientific Achievement and noble in his personal qualities; …an entirely engaging and unselfish person;…a delightful companion ,an ever helpful friend and also an excellent tennis player“.
Seine vielfältigen wissenschaftlichen Leistungen wurden in einer Festschrift - The Karl Weissenberg 80th Birthday Celebration Essay, herausgegeben von John Harris unter Beteiligung vieler Fachkollegen - zu seinem 80. Geburtstag gewürdigt.
Sein Name lebt fort in einer Reihe von Kennzahlen bzw. Forschungsinstrumenten (Weissenberg-Effekt, -Kennzahl, -Rheogoniometer).
Leopold Frommer studierte Physik und Maschinenbau. Er spezialisierte sich jedoch auf Metallurgie und Spritzgußtechnik. Die nachstehende Lebensdarstellung stammt aus Rürup, S.198 bis 199
Leopold Frommer wurde am 15.01.1894 in Leipzig geboren. Er entstammte einem polnisch-jüdischen Elternhaus.
Seit 1013 studierte er Physik und Maschinenbau an Universität Jena und der Technischen Hochschule Berlin. Anfang 1922 schloss er das Studium als Dipl.-Ing. ab.
Von 1922 bis 1925 arbeitete er bei dem Berliner Industrieunternehmen Ludwig Loewe an der Einführung des Aluminiumspritzgussverfahrens.
1926 promovierte er an der TH Berlin bei Georg Schlesinger und Hermann Föttinger (Dissertation: Die Untersuchung des Einströmvorganges beim Spritzguss und die sich hieraus ergebenden Richtlinien für die Strahlführung in der Gießform und die Gestaltung des Druckverlaufs in der Gießmaschine).
Ab 1927 war er am Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie beschäftigt. Von 1928 bis 1933 war er Assistent bei Michael Polanyi. Polanyi hat große Stücke auf Frommer gehalten. „He embarked with burning zeal on re-educating himself as a physical chemist.“ „His resolution to forego the fruits of his practical career, which at that time were rapidly multiplying, for the sake of purely scientific interests, stands out as an example of devotion to pure science.“ Zwei Bemerkungen von Polanyi anlässlich Frommers allzu frühen Tods.
Seine Emigrationsgeschichte begann im April1933, als ihm vom KWI auf der Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums gekündigt wurde. Trotz der Kündigung arbeitet er in den wenigen ihm verbleibenden Monaten weiter, um seine laufenden Forschungen zu einem Abschluss zu bringen. Der Kommentar von Polanyi dazu 10 Jahre später: „Dr Frommer’s idealism and courage showed itself in the most striking manner during spring and summer of 1933, which were to mark the enforced end of his career as a physical chemist. He was given three months’ notice of dismissal from hist post by the Nazis in April 1933. But throughout the following months, while the upheaval threatening to engulf him and his family was in full swing, Frommer kept to his work. He stuck to his experiments to the last as the soldier sticks to his gun.“
1934 emigrierte er mit seiner Familie mit Unterstützung des Academic Assistance Counsil (AAC) nach Großbritannien. Er begann seine Tätigkeit als Berater bei Rolls-Royce und später bei High Duty Alloys Ltd. Ab 1936 bis zu seinem Tod hatte er bei der letztgenannten Firma eine Anstellung als Research Metallurgist.
Er starb plötzlich an den Folgen einer Operation am 27.01.1943 in Slough, Berkshire. In einem Nachruf im Journal of the Institute of Metals hieß es: „Metallurgical science suffered a serious loss at the beginning of 1943 by the untimely death of Dr Leopold Frommer.“
Veröffentlichungen von Frommer:
-> 1933 Druckgieß-Technik, Handbuch für die Verarbeitung von Metall-Legierungen
-> 1944 posthum Damping Capacity at Low Stresses in Light Alloys and Carbon Steel, with some examples of non-destructive testing
-> Div. Veröffentlichungen seiner Forschungsergebnisse in Journal of the Institute of Metals
George Oskar Sachs (auch Georg oder George Sachs) wurde am 05.04.1896 in Moskau geboren. Seine Eltern waren Siegfried Sachs und Clara Hirschfeld. 1901 emigrierte die Familie aus Moskau nach Königsberg (damals Deutsches Reich).
1914 begann er ein Studium des Bauingenieurswesens an der Technischen Hochschule Berlin. Im ersten Weltkrieg kämpfte er für das Deutsche Reich, wurde als Leutnant mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet und kehrt 1918 schwerverwundet zu seinem Studium zurück. 1920 machte er seinen Diplom-Abschluss und promovierte 1923 (Dissertation „Über die Reibung fester Körper“). 1924 heiratete er seine Frau Lieselotte, geborene Lehmann und hatte mit ihr drei Kinder, darunter den Astrophysiker Rainer K. Sachs (geb. 1932 in Frankfurt/Main).
Er arbeitet nach seiner Promotion als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung in Berlin-Dahlem und am Institut von William Guertler. 1930 wurde er a.o. Professor an der Hochschule Berlin. Gleichzeitig leitete er das Metall-Labor der Metallgesellschaft in Frankfurt/Main und bekleidete eine Professur an der Frankfurter Universität. Ab 1935 war er Vizepräsident und Forschungsdirektor der Dürener Metallwerke.
Er emigrierte 1936 aufgrund seiner jüdischen Abstammung nach USA und arbeitete dort kurzzeitig in der Industrie. 1939 wurde er Mitglied des Institute for Metallurgical Laboratory am Case Institute of Technology in Cleveland. 1948/49 leitete er das National Metallurgical Laboratory in Jamshedpur (Indien). 1952 wurde er ordentlicher Professor für Metallkunde an der Syracuse University in New York.
Nach dem Krieg wurde George Oskar Sachs folgende Ehrungen/Auszeichnungen in Deutschland bzw. USA zuteil:
-> Im Jahr 1950 wurde Sachs von der Max-Planck-Gesellschaft zum Auswärtigen wissenschaftlichen Mitglied am damaligen Max-Planck-Institut für Metallforschung ernannt.
-> Im Jahr 1953 wurde Sachs von der American Society for Metals als einer der herausragenden nordamerikanischen Metallurgiewissenschafter geehrt.
-> Im Jahr 1957 wurde Sachs mit der Carl-Friedrich-Gauß-Medaille ausgezeichnet.
-> Im Jahr 1958 wurde Sachs als Ehrensenator der Technischen Universität Berlin geehrt.
Er starb in New York am 30.10.1960.
Im Zusammenhang mit seiner Familie sei noch auf folgende Fakten hingewiesen: Seine Schwester Martha, Medizinerin, emigrierte nach Israel. Sein Bruder Heinrich, Buchladenbesitzer, wurde 1941 in einem KZ ermordet.
Die nachfolgenden Angaben stammen aus TH Berlin bzw. Maier, S. 369/370.
Erich Herlinger wurde am 06.11.1899 in München geboren. Über seine familiäre Abstammung gibt es keine weiteren Angaben.
Erich Herlinger wurde im Jahr 1924 promoviert. Das Thema seiner Dissertation ist nicht bekannt. Er war von 1926 bis 1928 Inhaber des Rockefeller-Forschungsstipendiums und Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Silikatforschung (bedauerlicherweise findet er keine Erwähnung in Rürup).
Von 1928 bis 1933 wirkte er als ständiger Assistent mit Lehrtätigkeit am Institut für Mineralogie und Petrographie der Fachabteilung für Bergbau an der Fakultät IV für Stoffwirtschaft an der Technischen Hochschule zu Berlin.
Im Mai 1933 wurde er beurlaubt und am 5. August 1933 kündigte er seine Anstellung unter dem Druck des bevorstehenden Entzugs der Lehrerlaubnis. Diese wurde ihm mit Schreiben vom 20. September 1933 - trotz bereits erfolgter Kündigung - nach § 3 des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entzogen.
1933 emigrierte er nach Großbritannien und war dort Research Fellow an der University Manchester. 1934 emigrierte er nach Palästina und arbeitete am Sieff Institut in Rehovot (heute Weizmann-Institute of Sciences). Ab 1942 war er selbstständiger Berater in Tel Aviv. Ab 1948 arbeitete er im Handels- und Industrieministerium.
Er starb am 04.02.1950 in Tel Aviv.
Ein wesentlicher Teil der nachfolgenden Biografie stammt aus Rürup, S. 363 ff.
Woldemar Anatol Weyl (Woldemar Weyl) wurde am 13.06.1901 in Darmstadt geboren. Seine Eltern waren Wladimir Weyl und Auguste, geborene Blech.
Er schloss sein Ingenieursstudium an der TH Darmstadt 1923 mit dem Diplom ab und erwarb 1925 den Titel „Diplom-Ingenieur“. Im Jahr 1931 promovierte er bei Hermann Salmang an der TH Aachen (Dissertation „Über die Reaktionen der Kohlensäure mit Silikaten unter hohem Druck“).
Von 1924 bis 1926 arbeitete er als Assistent an der Versuchsanstalt der landwirtschaftlichen Genossenschaften in Darmstadt. Im Oktober 1926 trat er als Assistent in Kaiser-Wilhelm Institut (KWI) für Silikatforschung in Berlin ein. Im Jahr 1934 wurde vom damaligen Direktor Wilhelm Eitel zum Leiter der Abteilung Glastechnologie ernannt. 1936 hatte er eine Gastprofessur an der Pennsylvania State University („Penn State“). Während dieser Reise erhielt er das Angebot, im akademischen Jahr 1936 bis 1937 eine Gastprofessur als „Associate Professor of Ceramics“ wahrzunehmen. Dafür wurde er vom KWI beurlaubt.
Nach Ablauf der Gastprofessur kehrte er ans KWI zurück, obwohl er sich schon entschlossen hatte, aufgrund der politischen Verhältnissen das Deutschen Reich mit seiner Familie in den USA zu bleiben. 1937 erreichte ihn in Berlin die Mitteilung, dass er ab 1938 die unbefristete Stelle eines Professors für „Non-Metallic Technology“ im Departement of Ceramics an „Penn State“ übernehmen könnte.
Bis zu seinem Tod 1975 war er an der „Penn State“ im Bereich Glastechnologie tätig. In einem Nachruf wird er als „founder of modern glass technology“ bezeichnet. Seine Forschungstätigkeit fand Eingang in die Automobiltechnik bzw. die Konsumgüterindustrie, z. B. bei der Konzeption vom Mehrwegglasflaschen. Im Jahr 1960 wurde er, als einer von zwei mit einer Evan Pugh Professur an der Penn State betraut, eine Auszeichnung für hervorragende Lehrtätigkeit.
Er starb im Alter von 74 Jahren am 30.07.1975.
Über Rolf Weil Informationen, die über die in Personen zu findenden hinausgehen, war sehr schwierig. Erst im Zusammenhang mit einem Artikel in PF Products Finishing fand sich eine Kurzbiographie.
Rolf Weil wurde am 05.08.1926 im Neunkirchen, Saarland geboren. 1939 gelangte er im Rahmen der Kindertransporte nach England und von dort im Jahr 1940 in die USA. Er besuchte das Carnegie Institute of Technology in Pittsburgh und erhielt 1946 bzw. 1949 einen B.S.- und einen M.S.-Abschluss in Metallurgie. Während dieser Zeit war er bei der Duquesne Smelting Corp., Pittsburgh, mit metallurgischen Fragestellungen beschäftigt.
1949 begann er als Assistent von Prof. Harold Read an der Pennsylvania State University zu promovieren. Seine Doktorarbeit, die 1951 angenommen wurde, war die erste Studie über Elektroabscheidung mit Hilfe der Elektronenmikroskopie (Dissertationsthema: The Structure of electrodeposited metals). Anschließend arbeitete er am Argonne National Laboratory und am Picatinny Arsenal wiederum an metallurgischen Fragestellungen. Nach seinem Wehrdienst trat Dr. Weil als Assistenzprofessor in das Stevens Institute of Technology in Hoboken, New Jersey, ein. Er setzte die an der Penn State begonnenen Forschungen fort, wurde 1961 außerordentlicher Professor und 1967 zum ordentlichen Professor ernannt.
Der oben angeführte Artikel aus dem Jahr 2012 gibt eine Lesung von Rolf Weil wieder, die er im Rahmen der Verleihung des William Blum AES Scientific Achievement Award (1981) im Jahr 1982 im Rahmen der 23. William Blum Memorial Lectures gehalten hat. In diesem Vortrag behandelt er 4 für die Galvanik relevante Aspekte der Materialwissenschaft. Der William Blum AES Scientific Achievement Award ist eine prestigereiche Anerkennung auf dem Feld der elektrochemischen Beschichtung und Metallbearbeitung. Die American Electroplaters’ Society (AES) schuf diesen Preis, um Einzelpersonen, die einen signifikanten Beitrag zur Fortentwicklung von Theorie und Praxis auf diesen Gebieten geleistet haben. Zu ehren. Der Preis ist nach Dr. William Blum benannte, der ihn als erster 1959 erhielt.
Im Jahr 1991 wurde Rolf Weil als „Fellow of the Electrochemical Society (ECS)“ berufen wurde. Die Electrochemical society (ECS) wurde im Jahr 1902 in Philadelphia, USA, als American Electrochemical Society gegründet. Sie beschäftigt sich in Sitzung und Publikationen um alle Themen, die sich um die Elektrochemie drehen. Der Fellow of the Electrochemical Society wurde 1989 für fortgeschrittene individuelle technologische Beiträge in der elektrochemischen und Festkörperwissenschaft und -technologie sowie für die aktive Mitgliedschaft und Beteiligung an den Angelegenheiten der Electrochemical Society gegründet.
Ein Todesdatum ist aktuell nicht bekannt.
Über Siegmund Weissmann liegen keine Informationen vor, die über die Angaben in Personen hinausgehen.
Die nachstehenden Ausführungen stammen aus Maier, S.371, 373 bzw., IISS.
Fritz Victor Lenel wurde am 7. Juli 1907 in Kiel geboren. Seine Eltern waren Walter Lenel und seine Frau Luise, geborene Borckenhagen. Er studierte Chemie an den Universitäten Breslau und München und promovierte 1931 in physikalischer Chemie an der Universität Heidelberg, gefolgt von einem Postdoc-Studium an der Universität Göttingen bei Teller und Heisenberg. Das Thema seiner Dissertation ist nicht bekannt. Er emigrierte 1933 in die USA.
Seine erste Stelle in den USA war bei Charles Hardy in New York, wo er sich mit Eisenpulvermetallurgie befasste. 1937 wurde er Pulvermetallurge bei der Moraine Division, Delco (Delphi), in Dayton, Ohio. Dort arbeitete er an der Anwendung der Eisenpulvermetallurgie auf Automobilkomponenten, was zu mehreren Patenten führte. 1947 arbeitete er zusammen mit Matthew Hunter am Rensselaer Polytechnic Institute in Troy, New York (RPI), am Funkensintern. Hunter hatte ein Verfahren zur Herstellung von Titanschwammpulver entwickelt, also wandte Lenel Funkensintern auf dieses Titanpulver an. Am RPI stieg er in den akademischen Rängen auf und war von 1962 bis 1969 Abteilungsvorsitzender. 1973 ging er in den Ruhestand und übernahm mehrere andere Positionen. Er war der führende Akademiker in der Pulvermetallurgie und brachte 50 Absolventen hervor, die zu Branchen- und akademischen Führungskräften wurden. Er beriet auch viele der Early Adopter-Firmen wie die Remington Arms-Abteilung von DuPont. Lenel war an der Entwicklung der Sintertheorie beteiligt. Seine Gruppe führte kritische Experimente durch, um den Versetzungsfluss im Sinterhals zu zeigen. Neben der Entwicklung der Eisenpulvermetallurgie für Automobilanwendungen skizzierte er auch die Theorie des Flüssigphasensinterns und des detaillierten Funkensinterns. 1984 wurde er von der Metal Powder Industries Federation zum Pionier der Pulvermetallurgie ernannt, eine von mehreren Auszeichnungen für ihn.
Er starb im Sommer 2003 in Troy, New York.
Im Center for Jewish Science gibt es die „Fritz Victor Lenel Family Collection” (https://archives.cjh.org/repositories/5/resources/19226). Diese Sammlung besteht aus einem "Familienarchiv Lenel", das von Fritz Victor Lenel angelegt wurde. Es dokumentiert seine Abstammung bis zu seinen Urgroßeltern und enthält umfangreiche Korrespondenz mit ihren zeitgenössischen Nachkommen sowie Lenels umfangreiche Forschungsnotizen. Neben Materialien, die in genealogischen Sammlungen üblich sind, wie z. B. genealogische Tabellen und Fotokopien von Archivdokumenten, enthält diese Sammlung auch Originalmaterial zu Lenels Vorfahren und Verwandte, wie Korrespondenz, Tagebücher und Personenstandsaufzeichnungen. Darüber hinaus sind praktisch alle der Hunderte von Fotografien in dieser Sammlung aus der Zeit von 1848 bis in die 1980er Jahre identifiziert.
Als engagierter Genealoge organisierte Lenel seine Materialien nach Familienzweigen. Zu den in dieser Sammlung dokumentierten Vorfahren gehören seine Urgroßeltern Friedrich Kapp (1824-1884) und Louise (Engels) Kapp, seine Urgroßeltern Friedrich Ludwig Borckenhagen (1818-1870) und Julie (Seydel) Borckenhagen, seine Urgroßeltern Moritz (1810-1876) und Caroline (Scheuer) Lenel (1814-1867) sowie seine Großmutter väterlicherseits Helene (Michaelis) Lenel (1844-1917). Die Nachkommen von Lenels Urgroßeltern leben unter anderem in Deutschland, den Vereinigten Staaten, England, Frankreich und Südafrika. Die Sammlung umfasst Lenels umfangreiche Korrespondenz in den 1970er und 1980er Jahren mit vielen dieser Personen.
Viele der Lenels waren prominente Mitglieder der Mannheimer jüdischen Gemeinde. Der Industrielle Viktor Lenel (1838-1917) und sein Sohn Richard Lenel (1869-1950) dienten in der örtlichen Handelskammer und waren auch bekannte Philanthropen. Neben Materialien zu diesen und anderen Mitgliedern der Familie Lenel enthält die Sammlung Materialien über Fritz Victor Lenels Vater, den Historiker Walter Lenel, und seine unmittelbare Familie sowie die Tagebücher seiner Mutter Luise (Borckenhagen) Lenel.
Von besonderem Interesse könnten Dokumente sein, die Jonas Michaelis durch das Konsistorium des Königreichs Westfalen (1809) zum Syndikus (Vertreter) der jüdischen Gemeinde Nieheim ernannten; Walter Lenels persönliche Dokumente, wie seine Taufurkunde von Albert Schweitzer aus dem Jahr 1905 und Dokumente über seine Anstellung an der Universität in Heidelberg im Jahr 1932 und seine Entlassung im Jahr 1933; und die vielen gut beschrifteten Fotografien in einer Vielzahl von Formaten können dort eingesehen werden.
Die nachfolgenden Angaben stammen neben den denen aus Personen aus MIT.
Michael Berliner Bever wurde am 07.08.1911 in Schmargendorf geboren. Er promovierte 1934 an der Universität Heidelberg zum Doktor der Rechtswissenschaften.
Anschließend emigrierte er in die Vereinigten Staaten und erhielt 1937 einen MBA von der Harvard University. Nach einer kurzen Zeit in der Wirtschaft besuchte er das Massachusetts Institute of Technology (MIT) und erwarb 1944 einen Doktor der Wissenschaften in Metallurgie.
Als herausragender Metallurge leistete Bever Pionierarbeit bei der Anwendung der Thermodynamik auf die mechanischen Eigenschaften von Metallen. Er war auch führend in der Anwendung kalorimetrischer Techniken zur Erforschung der Energetik der Anordnung von Atomen in kristallinen Strukturen. Während dieser Zeit wurde er einer der ersten Praktiker auf dem aufstrebenden Gebiet der Materialwissenschaft und -technik.
In den frühen 1970er Jahren interessierte er sich für Konservierung und Recycling, insbesondere für die ökologischen und wirtschaftlichen Aspekte der Produktion und des Verbrauchs von Materialien. Ausgehend von seinem Hintergrund in den Bereichen Recht, Management und Metallurgie entwickelte er einen integrierten wissenschaftlichen Ansatz für das Recycling. 1972 erhielt er eine Auszeichnung von der National Association of Secondary Materials Industries in Anerkennung der Schaffung des ersten Kurses im Land, wenn nicht sogar weltweit, über die wirtschaftlichen und materiellen Aspekte des Recyclings.
Er war Autor von mehr als 150 wissenschaftlichen Arbeiten und Herausgeber mehrerer Bücher. Er war in zahlreichen nationalen Gremien und Beratungsgremien tätig. Als Chefredakteur der innovativen und umfassenden achtbändigen Encyclopedia of Materials Science and Engineering veröffentlichte er dies 1986 bei Pergamon Press. Drei Wochen vor seinem Tod schloss er die Herausgabe der Concise Encyclopedia of Materials Economics, Policy and Management ab, einer von mehreren Ergänzungsbänden, die auf das ursprüngliche achtbändige Werk folgten.
Er lehrte mehr als 50 Jahre lang am MIT, in denen er mehr als 40 Abschlussarbeiten betreute und ein einflussreicher Lehrer vieler aktiver Wissenschaftler war.
Sein ehemaliger Student, Dr. Praveen Chaudhari, ein IBM-Forscher, sagte über ihn "Michael Bever lehrte mehr als nur die Fähigkeiten der Wissenschaft. Sein Hintergrund in Recht und Management, sein großes Interesse an Musik und Literatur und sein ausgeprägter Sinn für menschliche Werte und die Würde des Menschen prägten seinen Umgang mit den Studenten."
Ein anderer ehemaliger Student, Jerome B. Cohen, Dekan der McCormick School of Engineering and Applied Science an der Northwestern University, sagte: "Michael Bever war wirklich der Lehrer eines Lehrers. Er hat uns die Verantwortung vor Augen geführt, immer wieder neue Dinge zu lernen und das Gelernte gut zu kommunizieren."
Michael Berliner Bever war Mitglied der American Academy of Arts and Sciences, der American Association for the Advancement of Science und der American Society for Materials; Mitglied zahlreicher Berufsorganisationen; Aufseher des Boston Museum of Science und Mitglied der Harvard Musical Association.
Michael Berliner Bever starb am 17.07.1992 in Cambridge (USA).
John Werner Cahn wurde am 09.01.1928 als Hans Werner Cahn in Köln in eine deutsch-jüdische Familie geboren. Seine Eltern waren Felix Cahn, ein Rechtsanwalt, und Lucie P., geborene Schwarz. Die Familie floh 1933 nach Holland, wo John Werner Cahn die Schule besuchte. Ende der 1930iger Jahre emigrierte die Familie weiter nach den USA. Dort besuchte er von 1941 bis 1945 die Brooklyn Technical High School. Nach seiner Einbürgerung dient er von 1946 bis 1947 in der US Army.
Cahn studierte Chemie an der University of Michigan und erwarb 1949 den Bachelor-Abschluss. 1953 wurde er an der University of California, Berkeley, bei Richard E. Powell in Physikalischer Chemie promoviert (Dissertation: The oxidation of isotopically labeled hydrazin). Nach einer Tätigkeit an der University of Chicago von 1952 bis 1954 wechselte er zu General Electric an das Metallurgy and Ceramics Department Research Laboratory in Schenectady. Von 1964 bis 1978 war er Professor für Materialwissenschaften (damals Metallurgie) am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Ab 1977 war Cahn am National Institute of Standards and Technology (NIST) tätig, wo er seit 1984 die Position eines Senior NIST Fellow im Material Science and Engineering Lab bekleidete. Seit 1984 war er Affiliate Professor an der University of Washington. Er war seit 1950 mit Anne Hessing verheiratet und hat drei Kinder. Er lebte zuletzt in Seattle, wo er am 14.03.2016 verstarb.
Zitat aus NIST: „John Cahn has had a profound influence on the course of materials and mathematics research during his forty year career. The foremost authority on thermodynamics since J. Willard Gibbs, Cahn has applied the basic laws of thermodynamics to describe and predict a wide range of physical phenomena. Cahn is most widely known for his pioneering work on the thermodynamics and kinetics of phase transitions and diffusion, on interface phenomena, and for his discovery, along with Shechtman, Blech, and Gratias, of a quasi-periodic solid known as a "quasicrystal."
Die nachfolgenden Angaben stammen neben den denen aus Personen aus National Acedemies Press bzw. Aderet
Zvi Hashin wurde am 24. Juni 1929 in der Freien Stadt Danzig (heute Danzig, Polen) geboren. 1936 emigrierte er mit seiner Familie in das britische Mandatsgebiet Palästina und ließ sich in Haifa nieder. Nach seinem Militärdienst studierte er auf Wunsch seines Vaters Ingenieurwesen, da es eine gute Möglichkeit sei, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er erwarb 1953 einen Bachelor of Science in Bauingenieurwesen und 1955 einen Master in Mechanik (bei Markus Reiner) am Technion und schloss 1957 sein Studium als Docteur dès Sciences an der Sorbonne ab. Seine Dissertation befasste sich mit Entwicklungstechniken zur Verstärkung von Brücken.
Er war einer der weltweit führenden Experten für die Mikromechanik von Verbundwerkstoffen und ein Pionier in der Erforschung und Anwendung von Materialien in vielen Bereichen des Ingenieurwesens – von Schiffsfahrzeugen bis hin zu Weltraum- und Luft- und Raumfahrtstrukturen wie dem Boeing 787 Dreamliner. Seine Zusammenarbeit mit dem Physiker und Kommilitonen Shmuel Shtrikman bei der Berechnung der engsten Grenzen der Elastizitätsmodule für Zweiphasenverbundwerkstoffe, die in der Literatur als "Hashin-Shtrikman-Grenzen" bekannt sind, wurde als eines der 100 wichtigsten Mechanikprojekte des 20. Jahrhunderts gefeiert.
Seine Karriere begann mit Stationen als Dozent (1957–58) und Senior Lecturer (1958–59) am Technion, danach wurde er als Forschungsstipendiat an der Harvard University (1959–60) und dann als außerordentlicher Professor (1960–65) und Professor (1965–71) an der University of Pennsylvania eingestellt. Er kehrte nach Haifa zurück, um eine Professur am Technion (1971–73) anzunehmen, bevor er an die Fakultät der Universität Tel Aviv wechselte, wo er Professor und Gründungsvorsitzender der Abteilung für Festkörpermechanik (1973–77) war. Von 1979–81 war er erneut Vorsitzender der Abteilung. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1981 hatte er den Nathan-Cummings-Lehrstuhl für Mechanik von Festkörpern inne.
Er war auch Gastprofessor an der University of Pennsylvania, der Harvard University, der University of California in Berkeley, der University of Cambridge und der École Polytechnique (außerhalb von Paris). Und er arbeitete als Berater für Unternehmen auf der ganzen Welt, darunter General Electric und Scott Paper, und hatte Forschungsverträge mit der NASA sowie der US-Armee, der Luftwaffe und der Marine.
Zvi Hashin galt fünf Jahrzehnte lang als weltweit herausragende Autorität in der Mikromechanik von Verbundwerkstoffen. Er leistete Pionierarbeit im Zusammenhang mit solchen Materialien hinsichtlich Abschätzung von Eigenschaften sowie Schadens- und Versagensereignisse.
Seine berühmteste Veröffentlichung (als er an der University of Pennsylvania war), die er zusammen mit Shtrikman verfasste, beschreibt die Anwendung von Variationsprinzipien in der linearen Elastizitätstheorie auf die Ableitung von Ober- und Untergrenzen für die effektiven Elastizitätsmodule quasi-isotropen und quasi-homogene Mehrphasenmaterialien beliebiger Phasengeometrie. Das Werk wurde fast 5800-mal zitiert. In seinen eigenen Worten: „At that time the literature on the subject was already considerable, but only a small number of rigorous results were available. These consisted of solutions for properties of composites described as matrix containing dilute concentration of spherical particles, effective bulk modulus for a special geometry - composite spheres assemblage - for all volume concentrations of spherical particles, and bounds for effective properties based on the classical variational principles. Many workers in the field did not recognize the fact that phase volume fractions are totally insufficient information for determination of effective properties, although W.F. Brown Jr. of the University of Minnesota had shown in 1954 that effective electric properties of a two-phase medium depend on the entire statistics of the phase geometry. Since, however, the statistics of phase geometry are never known in detail, a logical approach is to bound effective properties in terms of available geometrical information. This we did in terms of the simplest such information: phase volume fractions. The bounding procedure was based on new variational principles in elasticity, in terms of the stress polarization, which we had established.”
Hashins erste Monografie zum Thema Verbundwerkstoffe wurde als NASA-Bericht mit dem Titel „Theory of Fiber Reinforced Materials“ (NASA CR-1974; 1972) veröffentlicht, als es noch keine maßgeblichen Bücher zu diesem Thema gab. Er präsentierte eine einheitliche und rationale Behandlung der Theorie von faserverstärkten Verbundwerkstoffen zusammen mit detaillierten Herleitungen der effektiven Elastizitätsmodule unter Berücksichtigung viskoelastischer und thermoelastischer Eigenschaften.
Bedeutende Arbeiten zu Schadens- und Versagensereignissen erschienen in den Jahre 1980, 1985 sowie 2010.
Zvi Hashins nachhaltige Beiträge zur Mikromechanik und zu Schäden und Versagen bei Faserverbundwerkstoffen brachten ihm mehrere bedeutende Auszeichnungen ein. 1998 wurde er zum auswärtigen Mitglied der NAE gewählt. 2007 wurde er mit dem Israel-Preis seine Forschung im Ingenieurwesen. Im Jahr 2012 erhielt er die Benjamin-Franklin-Medaille des Franklin Institute "Für bahnbrechende Beiträge zur genauen Analyse von Verbundwerkstoffen, die praktische technische Entwürfe von Leichtbau-Verbundwerkstoffstrukturen ermöglicht haben, die heute häufig in der Luft- und Raumfahrt, der Schifffahrt, der Automobilindustrie und der zivilen Infrastruktur verwendet werden."
Zur Verleihung der Franklin-Medaille sagte er: „For groundbreaking contributions to the accurate analysis of composite materials, which have enabled practical engineering designs of lightweight composite structures, commonly used today in aerospace, marine, automotive and civil infrastructure.”
Verbundwerkstoffe sind heute ein unverzichtbarer Bestandteil multifunktionaler Materialien für moderne Technologien. Viele Forscher und Ingenieure haben auf dem Gebiet der Mikromechanik beigetragen, aber Zvi Hashin zeichnet sich durch seine umfangreichen, grundlegenden und wirkungsvollen Beiträge aus.
Zvi Hashin war mit seiner Frau Tamar verheiratet und verstarb am 29. Oktober 2017 in seiner Heimatstadt Haifa im Alter von 88 Jahren.
Die beschriebenen Personen sind in ihrer Individualität und Lebensgeschichte einzigartig. Gemeinsam ist ihnen, dass sie zu einer Zeit in Deutschland, im damaligen Deutschen Reich, lebten und als Wissenschaftler arbeiteten, das von einer unheilvollen Nazi-Ideologie beherrscht wurde und als Basis eine irrwitzige und teilweise tödliche Rassenlehre aufwies. Dies machte es diesen Personen unmöglich, in Deutschland zu bleiben, da ihnen in der Regel die Arbeitsgrundlage, Lehrerlaubnis, Forschungsmöglichkeiten, entzogen war und sie um ihr Leben fürchten mussten.
Weiterhin ist ihnen gemeinsam, dass mit ihrem Weggang wissenschaftliche Kompetenz in nicht unerheblichen Umfang der deutschen Wissenschaft verloren ging und den Länder, die sie aufnahmen, einen Zuwachs an wissenschaftlicher Kompetenz beschert wurden. Dies kann man z. B. an Wilhelm Salomon-Calvi erkennen, der in der Türkei ein geologisches Institut sowie eine zentrale Wasserversorgung aufbaute.
Die Geburtsjahre dieser Personen liegen zwischen 1853 und 1929. Drei Personen, die zwischen 1926 und 1929 geboren wurden, sind so frühzeitig emigriert, dass sie im Deutschen Reich keine wesentliche Ausbildung erlebt haben. Ausbildung und Berufsleben haben ausschließlich außerhalb des Deutschen Reiches stattgefunden.
Victor Mordechai Goldschmidt und Wilhelm Salomon-Calvi waren bereits emeritiert bzw. standen kurz davor, als sie aufgrund der Rassengesetze der Nazis aus dem öffentlichen Dienst entlassen wurden.
Die Herren Victor Moritz Goldschmidt, Hans Alterthum, Karl Weissenberg, Leopold Frommer, George Oskar Sachs, Erich Herlinger, Woldemar Anatol Weyl, Fritz Victor Lenel und Michael Berliner Bever haben vor 1933 wissenschaftlich im Deutschen Reich gearbeitet und bei ihrer Emigration ihre wissenschaftliche Kompetenz zum Nachteil der deutschen Wissenschaft mitgenommen.
In der Einführung wurde dargelegt, wie viel Professuren und Dozenturen es in den 1930iger Jahren in den verschiedenen Disziplinen Mineralogie, Metallurgie und Materialwissenschaft gab. In Summe kann von ca. 81 Professuren bzw. Dozenturen ausgegangen werden. Berücksichtig man nur die Personen von Nr. 1 bis 12 aus der Personenliste, dann kann den Kompetenzverlust in diesen Disziplinen auf ca. 15 Prozent angeben werden.
Die Immigrationsländer waren an erste Stelle die USA (7 Personen), Palästina (2 Personen), England (2 Person, dort verbleibend, 3 nur vorübergehend), Türkei (1 Person), Österreich (1 Person), Argentinien (1 Person), Frankreich, Norwegen und Schweden waren jeweils nur Durchgangsländer.
In der Regel erfolgte die Emigration in einer Etappen (7-mal), in zwei Etappe (6-mal) und in drei Etappen (1-mal).
Eine Rückkehr in die deutsche Heimat fand nicht statt. Alle emigrierten Personen erlebten, soweit ersichtlich und sofern mehr oder minder kurz nach ihrer Emigration verstarben, wie z. B. Victor Mordechai Goldschmidt und Wilhelm Salomon-Calvi, im Immigrationsland ein erfülltes und auskömmliches Leben. Karl Weissenberg lehnte sogar eine Wiedereinstellung in der Max-Planck-Gesellschaft (Nachfolger der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft) als Wiedergutmachung ab. Die Lebensdauer erstreckte sich zwischen 51 und 96 Jahren, wobei die Todesdaten von Siegmund Weissman und Rolf Weil nicht bekannt sind.
Die Quellen zu den verschiedenen Personen bzw. zu ihren Lebensdaten waren sehr unterschiedlich. Während für eine überwiegende Zahl direkt Angaben aus Wikipedia bzw. die dort verlinkten Datenbanken, wie DNB, VIAF o. ä. relativ leicht ermittelt werden konnten, war es für manche Personen schwer bis gar nicht möglich, weitergehende Informationen zu ermitteln. Besonders frappierend war die Erfahrung, dass auf der Website des Stevens Institute of Technology keinerlei Informationen zu Rolf Weil zu ermitteln waren, obwohl er 1967 dort eine Professur hatte.
Wie auch für andere Themen/Länder gilt es, verstärkt nach Informationen zu suchen.
Bücher, Zeitungsartikel:
Aderet, Ofer, Haaretz, Nov. 17, 2017, Zvi Hashin (1929-2017) | The Israeli Who Revolutionized Aircraft, Vehicles and ... Tennis Rackets (https://www.haaretz.com/israel-news/2017-11-17/ty-article/the-israeli-who-revolutionized-aircraft-vehicles-and-tennis-rackets/0000017f-e941-df2c-a1ff-ff5119060000)
Hoppe, Andreas, Wilhelm Salomon-Calvi (1868–1941) – Ordinarius in Heidelberg und Ankara, Z. Dt. Ges. Geowiss. (J. Appl. Reg. Geol.), 174 (2), p. 313–343, 10 figs.
Kubaschek. Christiopher, Seyfert Günter, Deutsche Wissenschaftler im türkischen Exil Die Wissenschaftsmigration in die Türkei (1933-1945), Orient-Institut Istanbul, 2016
Maier, Helmut; Chemiker im „Dritten Reich“ Die deutsche Chemische Gesellschaft und der Verein Deutscher Chemiker im NS-Herrschaftsapparat, Wiley Verlag, 2015
Minerva, Jahrbuch für die gelehrte Welt, Abteilung Universitäten und Fachhochschulen, 32. Jahrgang, Walter de Gruyter, 1936
Mußgenug, Dorothee, Die vertriebenen Heidelberger Dozenten, Carl Winter Universitätsverlag Heidelberg, 1988
Rürup, Reinhard, Schicksale und Karrieren Gedenkbuch für die von den Nationalsozialisten aus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft vertriebenen Forscherinnen und Forschern, Wallstein-Verlag, Göttingen, 2008
Röder, Werner & Strauss (Hrsg.) Biographisches Handbuch der Deutschsprachigen Emigration nach 1933, Band II: International Biographical Dictionary of Central European Emigres 1933-1945, the Arts, Sciences, and Literature, De Gruyter, 1983
Stolberg-Wernigerode, Otto zu: Neue deutsche Biografie, Bd.: 6, Duncker & Humblöt, 1964
Websites:
Heidelberger Geschichtsverein, Wilhelm Salomon Calvi (http://www.s197410804.online.de/Personen/Salomon-Calvi.htm)
International Institute for the Science of Sintering (IISS), Scopus Prof. FRITZ V. LENEL, 1907 – 2003, Rensselaer Polytechnisches Institut, Troy, New York. USA, National Taiwan University, Taipeh, Taiwan (https://www.iiss-sci.org/index.php/fritz-v-lenel)
MIT News on campus an around the world; Professor M.B. Bever Dies, Publication Date: August 5, 1992 (https://news.mit.edu/1992/bever-0805)
National Academies Press, Memorials Tributes; Volume 24 (2022) Chapter: Zvi Hashin (https://nap.nationalacademies.org/read/26492/chapter/27)
NIST, John W. Cahn Gewinner der National Medal of Science 1998 (https://www.ctcms.nist.gov/~cahn/)
Penn State, Research Woldemar Weyl, founder of modern glass science (https://www.psu.edu/news/research/story/woldemar-weyl-founder-modern-glass-science/)
PF Product Finishing, Material Science of Electrodeposits - The 23rd William Blum Memorial Lecture (1982) (https://www.pfonline.com/articles/material-science-of-electrodeposits---the-23rd-william-blum-memorial-lecture-1982)
TH Berlin, Catalogus Professorum (https://cp.tu-berlin.de/person/1864)