Projektleiter: Prof. Dr. Joachim Bahlcke
Beschreibung und Zielsetzung des Projekts: Im Zentrum der Arbeit steht der im Jahr 1635 auf Basis des Vorwurfs von Hochverrat geführte Regensburger Militärgerichtsprozess gegen den schlesischen Adligen und General der ArmeeWallensteins Hans Ulrich von Schaffgotsch. Schaffgotsch nahm als General der Kavallerie in der
Hierarchie von Wallensteins Offizierkorps eine ranghohe Stellung ein. Er war außerdem ein
Angehöriger des schlesischen Hochadels, reich begütert und durch Heiratsverbindung sogar mit den
piastischen Herzögen in Schlesien verwandt. Konfliktpotential ergab sich schon daraus, dass
Schaffgotsch im Gegensatz zu seinen katholischen habsburgischen Landesherren der lutherischen
Konfession angehörte. Am 12. Januar 1634 unterzeichneten die im Hauptquartier des kaiserlichen
Generalissimus in Pilsen versammelten Offiziere die als Erster Pilsener Revers benannte
Ergebenheitsadresse gegenüber ihrem Oberbefehlshaber. Unter den Unterschriften befindet sich die
von Schaffgotsch an dritter Stelle. Der Kaiserhof bewertete die Vorgänge in Pilsen als Hochverrat.
Wallenstein wurde am Abend des 25. Februar 1634 in Eger getötet. Bereits einen Tag zuvor war
Schaffgotsch verhaftet worden.
Das Dissertationsprojekt verfolgt einen rechtsgeschichtlichen Ansatz. In ihm werden Verlauf und
Ausgang des Regensburger Kriegsgerichtsprozesses aus rechtlicher Perspektive bewertet. Es befasst
sich dazu mit dem prozessualen Regelwerk des zum Zeitpunkt des Verfahrens relevanten
zeitgenössischen Strafrechts sowie mit den Grundlagen und der Funktionsweise der Militärjustiz
der kaiserlichen Armee, wie sie zur Zeit des Prozesses gegen Schaffgotsch praktiziert wurde. Die
Studie legt dar, ob das Regensburger Militärgericht ein politischer Prozess gegen überlebende
mutmaßliche Gefolgsmänner Wallensteins war, dessen Ausgang vorbestimmt war, weil der
Kaiserhof seine Rechtfertigung für die Ermordung Wallensteins durch den Nachweis der
Verratsbeteiligung der Angeklagten zu untermauern gedachte. Aufgabe der Untersuchung ist es zu
erklären, welche Faktoren dafür ausschlaggebend waren, dass Schaffgotsch hingerichtet wurde.
Zudem wird behandelt, wie die Verurteilung und Hinrichtung Schaffgotschs von der
zeitgenössischen Öffentlichkeit wahrgenommen und das Ereignis später überliefert wurde.
Kampmann, Christoph: Reichsrebellion und kaiserliche Acht. Politische Strafjustiz im
Dreißigjährigen Krieg und das Verfahren gegen Wallenstein 1634. Münster 1992 (Schriftenreihe der
Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 21); Krebs, Julius: Hans Ulrich Freiherr von
Schaffgotsch. Ein Lebensbild aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges. Breslau 1890; Thomas,
[Johann Georg]: Hans Ulrich Schaff-Gotsche. Hirschberg 1829; Schwanitz, Jürgen: Das fatale Ende
von Hans Ullrich von Schaffgotsch in Regensburg († 1635). In: Ders./Schmilewski, Ulrich (Hg.):
Auf historischer Spurensuche im Bobertal. 2011/2012. Würzburg 2012, 117-148; Bugaj, Tadeuz:
Proces i egzekucja dziedzica Kowar Hansa Ulricha Schaffgotscha (Ratyzbona 1635). In: Rocznik
jeleniogórski 25/26 (1987/1988), 131-142; Wattenbach, Willhelm: Die letzten Lebenstage des
Obersten Hans Ulrich Schaffgotsch. In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum
Schlesiens 1 (1856), 155-177; Neumann, Carl Woldemar: Hans Ulrich Schaffgotsch, ein Opfer
seines Glaubens. In Pröhle, Heinrich (Hg.): Unser Vaterland. Blätter für Deutsche Geschichte,
Cultur und Heimathkunde, Bd. 2. Berlin 1862, 97-118; Bahlcke, Joachim/Schmilewski,
Ulrich/Wünsch, Thomas (Hg.): Das Haus Schaffgotsch. Konfession, Politik und Gedächtnis eines
schlesischen Adelsgeschlechts vom Mittelalter bis zur Moderne. Würzburg 2010; Bahlcke,
Joachim/Schmilewski, Ulrich (Hg.): Freiherr – Reichsgraf – Semperfrei. Zur Titel- und
Ranggeschichte des schlesischen Adelsgeschlechts Schaffgotsch. Würzburg 2017
(Wissenschaftliche Schriften des Vereins für Geschichte Schlesiens 9); Kuzio-Podrucki, Arkadiusz:
Das Haus Schaffgotsch. Das wechselvolle Schicksal einer schlesischen Adelsdynastie. Tarnowskie
Góry 2009.